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Der große Fotograf als Bombenwerfer

Eine Bildunterschrift soll wiedergeben, was auf einem Bild zu sehen ist. So, oder so ähnlich lernen es angehende JournalistInnen. Gelingt es dem/r RedakteurIn einen zusätzlichen „Dreh“ in den kurzen Text zu verpacken, so sorgt dies für gesteigerte Attraktivität und kann zusätzliche LeserInnen in die Meldung locken. Keinesfalls sollte die Bildunterschrift jedoch irreführend sein.

Dieser Fehler passierte der Außenpolitik des Online-Standard beim Live-Ticker zum Libyen-Bombardement. Ein Bild von einer gewaltigen Explosions-Fontäne, die von mehreren Fahrzeugen hochsteigt wurde mit der Hurra-Zeile untertitelt: „Der große Fotograf Goran Tomasevic in action.“ Das hat der große Fotograf bestimmt nicht verdient, dass ihn jemand irrtümlich für den Urheber der Explosion hält.

Die Wahrscheinlichkeit dieser Verwechslung ist nicht sehr hoch. Allerdings löst die Bildunterschrift auch ethische Bedenken aus. Die Abbildung dieser Explosion, bei der wahrscheinlich Personen zu Schaden gekommen sind, sollte nicht als Grundlage ästhetischer Huldigungen dienen. Das ist kein journalistisch angemessener Umgang mit menschlichem Leid.

Bleibt zu hoffen, dass hier die Unachtsamkeit Regie geführt hat. Schlimmer wäre, wenn sich da eine latente Kriegs-Euphorie als Fotografen-Begeisterung Luft verschafft hätte.

Edit: Der Online-Standard hat umgehend reagiert und die BU geändert. Entscheidend ist, wie man mit Fehlern umgeht.

Der große Fotograf als Bombenwerfer - Reaktion Online-Standard

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5 Kommentar(e)

matthias cremer - Am 21. March 2011 um 10:17

Zugegeben, diese Bildunterschrift ist unglücklich formuliert. Aber der der standard.at redaktion aufgrund dieser Bildunterschrift in weiterer Folge auch noch Kriegseuphorie zu unterschieben ist doch ein wenig übertrieben.

In meinen Augen handelt es sich um den etwas tolpatschigen Versuch die Arbeit eines Fotografen zu würdigen. Punkt.

Helge Fahrnberger - Am 21. March 2011 um 10:32

@matthias: Der Konjunktiv II ist von einer Unterstellung noch ziemlich weit entfernt.

tobi - Am 21. March 2011 um 10:43

Der fotografiert wohl noch mit Magnesiumblitz

Philipp - Am 21. March 2011 um 13:14

Aus der Kleinigkeit so einen Kobuk zu drehen… Matthias hat wohl Recht, denn da sollte eigentlich nur der Fotograf gewürdigt werden:
Goran Tomasevic – https://derstandard.at/1297819873863/Goran-Tomasevic-Ein-Fotograf-auf-des-Krieges-Spuren

Ralf Marder - Am 22. March 2011 um 16:38

Angesichts der auhaltenden Bilderflut, die uns tagtäglich aus Libyen überschwemmt, sind manche Redakteure offenbar mit der richtigen Zuordnung der Kriegsbilder überfordert. Das wird beispielsweise auch auf bild.de und Spiegel Online deutlich.

https://mediensalat.beeplog.de/177327_809949.htm

https://mediensalat.beeplog.de/177327_808922.htm