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iPad-Hype: Wie sich Medien instrumentalisieren lassen

Der Hype rund um Apples neuestes Gadget hält nun schon fast zwei Wochen an. Die meisten Medienberichte beschäftigen sich nach wie vor mit der Frage ob und wie das iPad die (Medien-)Welt revolutionieren wird. Aber neben dieser laufenden Debatte zwischen iPad-Skeptikern und iPad-Fans gibt es auch einzelne Stimmen, die dem iPad-Hype-Spektakel an sich kritisch gegenüberstehen.

Im Online Magazin Carta überlegt der Kommunikationswissenschaftler Stephan Russ-Mohl wie viel Geld sich Apple durch sein cleveres Product Placement per Geheimniskrämerei erspart hat:

Hochzurechnen wäre demnach, wie viele Millionen und Abermillionen Dollar es Apple gekostet hätte, wenn das Unternehmen für all die Print-Artikel, TV-, Radio- und Onlinebeiträge den Platz bzw. die Sendezeit in Form von Anzeigen bzw. Werbespots hätte bezahlen müssen, statt sich der Gratis-Publicity quer durch die Medienwelt zu erfreuen.

Natürlich, so Russ-Mohl, müssten Journalisten über neue Produkte am Markt berichtet, aber das übermäßige und übertriebene Hochjubeln eines Produkts würde im Endeffekt LeserInnen und für Werbung zahlende Firmen als die Deppen dastehen lassen.

Auch das NDR-Fernsehen beschäftigt sich mit dem Apple induzierten medialen iPad-Hype in einem Online-Artikel und einem Videobeitrag im Medienmagazin Zapp:

Also besser kann es eigentlich nicht laufen. Da entwickelt man etwas, stellt es der Öffentlichkeit vor und Journalisten weltweit ergießen sich in Begeisterungsstürmen. In Sendungen und Zeitungen wird dieses neue Produkt gepriesen, als handele es sich um eine Erfindung von weltverändernder Dimension. Die Pille gegen Krebs? Die Maschine gegen Klimaerwärmung? Nein, es ist einfach nur ein neues Produkt aus dem Hause Apple.

Ja klar, Steve Jobs Produktpräsentationen sind oscarverdächtig und Apple-Produkte elegant und benutzerfreundlich….aber das?

Jedenfalls scheint es an der Zeit sich den Gartnerschen Hypezyklus wieder in Erinnerung zu rufen: Nach dem ‚Peak of Inflated Expectations‘ kommt unweigerlich der ‚Through Trough of Disillusionment‘, auch für JournalistInnen.

Illustration: „Bild am Sonntag“ 31.1.2010, „Bild“ 29.1.2010, Bild.de 8.2.2010

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14 Kommentar(e)

Ulrich - Am 08. February 2010 um 01:27

iPad vs. iStone: https://is.gd/7vhIF :-)))

Richard - Am 08. February 2010 um 09:15

Ich glaube, du meintest da den „trough of disillusionment“, oder?

Lena Doppel
Lena Doppel (Autor) - Am 08. February 2010 um 09:38

@Richard Uuupsa! Da kommt die alte „tschi-eitsch“-Liebhaberin in mir durch, die auch gerne „thrash“ schreibt :)) Wird gleich ausgebessert, danke!

Richard - Am 08. February 2010 um 09:40

Hehe. Trough ist ja auch ein ziemlich gewöhnungsbedürftiges Wort.

Lena Doppel
Lena Doppel (Autor) - Am 08. February 2010 um 09:44

Ja, wobei ist ja einfach nur „Trog“ mit an u mittendrin und an h hinten dran 🙂

fatmike182 - Am 08. February 2010 um 10:09

Darf ich diesbezüglich unverfroren meinem Applefanboitum verfallen und behaupten, dass das zwar ein netter Gedankengang ist, aber eigentlich an meiner Realitätswahrnehmung vorbeischwirrt?
Sowohl im TV, Radio als auch im Printbereich habe ich das iPad in Österreich kaum wahrgenommen. Alleine online & selbst da haben die kritischen Stimmen überwogen; nicht zuletzt die Schmutzkübelchentweets der werten Autorin 😉

florian - Am 08. February 2010 um 10:10

verstehe die „aufregung“ rund um diesen artikel nicht ganz… apple hat seine hausaufgaben gemacht und eine gute pr kampagne hingelegt. die kunst ist doch, die menschen über sich reden zu lassen – medien wirken dabei als multiplikatoren.
auf der anderen seite gab es und gibt es unter den menschen eine große zahl die interessiert ist am ipad – worin genau liegt also der fehler der medien, wenn es doch ihre aufgabe ist genau über diese interessensgebiete zu berichten?

Richard - Am 08. February 2010 um 10:22

Finde dieser Artikel auf netzwertig passt sehr gut zu dieser Diskussion.

In erster Linie geht’s wohl darum, dass sich JournalistInnen nicht zu einem Teil einer PR-Maschinerie machen lassen sollten. Nicht zuletzt David Pogue von der NYTimes bekam das am eigenen Leib zu spüren, nachdem er aus etwas fehlgeleitetem Enthusiasmus dieses – ansonsten eigentlich recht lustige, in diesem Fall aber völlig deplatzierte – Tributvideo ans iPhone produziert hat.

Lena Doppel
Lena Doppel (Autor) - Am 08. February 2010 um 10:30

@fatmike Ui, „Schmutzkübelchentweets“ welch Ehre 🙂 Dabei bin ich ja eigentlich auch ein Apple-Fangirl
Zum Thema österreichische Medien: da gebe ich dir recht, es war viel mehr Hype in den deutschen und internationalen Medien als in den österreischischen. Vielleicht (ketzerischer Gedanke) hat die deutsche Verlagsbranche mehr zu gewinnen, wenn das iPad ein Erfolg wird?

@florian So viel „Aufregung“ ist es eh nicht und immerhin ist es Diskussions-„Anregend“
Die Frage ist eigentlich nicht „ob“ sondern „wie“ darüber geredet wird (siehe Bildmontage). Wobei das ja auch schon wieder wurscht ist: Kann man sich dem Spiel entziehen? Nein, allein dieser Artikel beweist es. Ähnliche Diskussionen haben seinerzeit beim Falter-Haider-Bilderverbot stattgefunden. Ob Bild oder nicht: Allein das es ein Thema ist ist ein Statement.

Die Fragen, die mich interessieren: Was heisst das für Journalisten? Alles berichten? Wie berichten? Was ist „Sachlichkeit“? Wer bestimmt das?

Lena Doppel
Lena Doppel (Autor) - Am 08. February 2010 um 10:34

@richard haben sich zeitlich überschnitten unsere comments, I agree

Lena Doppel
Lena Doppel (Autor) - Am 08. February 2010 um 10:34

hmm, der blog löschen links in kommentaren, wer das gleich mal ’nach oben‘ melden

Richard - Am 08. February 2010 um 10:36

@lena: Nein, löscht sie nicht! Sind nur farblich sehr schwer vom Rest des Textes zu unterscheiden (siehe mein Kommentar, Links sind „dieser Artikel“ und „Tributvideo ans iPhone“).

Lena Doppel
Lena Doppel (Autor) - Am 08. February 2010 um 10:51

aha! durch das loch drunter schauts so aus als ob im vergleich zu dem zugesandten mail der link fehlt 🙂 gut, aber die farbe muss kontrastreicher werden, danke

Cash - Am 30. June 2011 um 23:54

Never would have thunk I would find this so inidnspesable.