Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Wenn Medien Frauen zu „Ludern“ machen

Lu•der das; -s, –; gespr! pej; verwendet als Schimpfwort für eine Frau (ein freches, unverschämtes, dummes Luder)

Ob Beschimpfungen oder abfällige Bemerkungen – nicht nur Ausländer müssen in österreichischen Boulevardzeitungen einiges über sich ergehen lassen, auch Frauen: Medien wie Kleine Zeitung, Oe24.at, Heute.at und Krone.at wollen mit Obszönität das Interesse des Lesers wecken und verpassen gleichzeitig der weiblichen Selbstachtung einen Schlag unter die Gürtellinie. Es bräuchte eine „Schwarze Liste“ um endlich der Inflation von Ausdrücken, die sich besonders gegen Frauen richten, ein Ende zu machen!

Definition: TheFreeDictionary.com

Man kann nicht genug davon bekommen
ORF: Product-Placement für das iPad?

4 Kommentar(e)

Michael - Am 26. April 2010 um 10:28

Das finde ich interessant: Bisher hätte ich die Kleine Zeitung nicht vorrangig zum Boulevard gezählt. Wikipedia ist hier nicht sehr informativ. Sicher nicht ganz einfach, aber kann mir jemand mit einer kleinen Definintion von Boulevardzeitung oder -medium aushelfen. Oder zumindest dem Versuch einer Definition, danke.

Zum Thema: Auch wenn Luder sicher nicht ok ist, muss ich schon anmerken, dass es die beiden erwähnten Damen auch ziemlich auf dieses Image anlegen. Mein österreichisches Wörterbuch meint: ludern (ugs.) ein Lotterleben führen. Möglicherweise ist die Definition von TheFreeDicitionary hier etwas zu vereinfachend?

Strenzi Meisel (Autor) - Am 26. April 2010 um 14:00

Hier eine kleine Aufschlüsselung die ich wärend einer Uni-Arbeit geschrieben habe.

Boulevardzeitung
Die Anfänge der Sensationsberichterstattung gehen in das 16 und 17 Jahrhundert zurück. „Creurs de fagot“ vertrieb diverse Flugblätter mit sensationellen, witzigen oder erotischen Inhalt.1
Die Boulevardpresse, wie wir sie heute kennen, steht im Zusammenhang mit der beginnenden Massenpopulation im 19. Jahrhundert. Durch die günstigen Preise, wurde die Zeitung auch für die breite Bevölkerung erschwinglich. Ab diesen Zeitpunkt veränderte sich die Presse von Grund auf. Politik und Wirtschaft wurden zurückgedrängt, hingegen Sensationalität und Kriminalität rückten immer mehr in das Licht. Im 20. Jahrhundert erreichte die Boulevardpresse mit ihrer ansprechenden Aufmachung ihre Blütezeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Österreich die „Neue Kronen Zeitung“ und in der Schweiz die „Blick“ Zeitung und weiters noch die „Sun“.2

„…das reißerische, oft chaotische Layout vor allem auf der Titelseite; die farbigen, großen, meist roten, Buchstaben und Balken; der extreme Schnitt bei Bildern, vor allem bei Porträts; die fetzigen Schlagzeilen, die turbulente Mischung von Nachricht und Meinung. Das gehört zum Erfolg, ob man`s mag oder nicht.“3

Der Begriff „Boulevardzeitung“ bedeutet soviel wie „Straßenzeitung“, „Sensationspresse“ oder auch „Kaufzeitung“.4

Diese Zeitungen werden nicht im Abonnement gekauft.. Sie werden hauptsächlich auf der Straße verkauft und haben eine besonders auffallende Aufmachung. Nicht nur die Bilder sondern auch Schlagwörter wie „sex, crime, war“ sollen zum Kaufen anregen. Die Ausdrucksweise bedient sich nicht selten einer Vulgärensprache um den Leser aufmerksam zu machen.5

Die Popularität dieses Formates ist ständig am steigen. Nicht nur der Beliebheitsgrad der Boulevardzeitungen steigt ständig sondern auch alle Arten von Sendungen die auf dem Grundprinzip des Boulevard aufbauen. Ein besonderes Augenmerk legen Journalisten eines Boulevardmediums auf Sensation. Katastrophen, Intimität, Skandale stehen in der Rangordnung an erster Stelle. Die Medien vermitteln dem Konsumenten Gefühle und Betroffenheit.6

Die beliebtesten Themen unter den Konsumenten kommen aus dem Bereich „Sex and Crime“. Dieser Begriff ist geradezu ein Synonym für Boulevardjournalismus geworden. Die Zeitungen sind vorwiegend quantitativ und mit viel Klatsch gefüllt. Themen über Katastrophen, Gewalt und Verbrechen werden ausführlicher dargeboten als seriöse Nachrichten.7

„Wenn man drei Morde hat, kann nur einer davon groß gespielt werden. Die Mischung muss stimmen: harte Storys, weiche Storys, <>… Die Themen decken die wichtigen Gefühlsbereiche des Lesers ab. Geschichten mit <> werden <> behandelt.“8

Personalisierung, Intimisierung, Dramatisierung und Spektakularisierung sind die vorherrschenden Darstellungsstrategien in der medialen Öffentlichkeit.
Die klassische Informationsfunktion der Medien tritt in den Hintergrund und die aufklärerische Presse, wird immer mehr in den Schatten gestellt, nämlich in den Schatten der Boulevardpresse. Diese zeichnet sich hauptsächlich durch das Konstruieren von Vorurteilen, Emotionalisieren und Sensationalisieren, sowie das Reduzieren der Welt auf schwarz und weiß und den Menschen auf gut und böse aus. Eine große bzw. auflagenstarke Zeitung nimmt auch automatisch Einfluss auf die Gesellschaft und sie wirkt sich auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht aus. Ein positives Beispiel aus wirtschaftlicher Sicht wäre das große Werbepotential von Boulevardzeitungen.9

1)Vgl. Dovifat, Emil: Boulevardpresse. In: Heide, Walter (Hrsg.). Handbuch der
Zeitungswissenschaft, Bd. 1. Leipzig: Verlag Karl W. Hiersemann, 1940. S. 645
2)Vgl. Bollinger, Ernst: Pressegeschichte II. Freiburg: Universitäts-Verlag, 1996. S. 115.
3) Vgl. Schneider, Wolf/Raue Paul-Josef: Das neue Handbuch des Journalismus, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2.überarbeitete Auflage, 2006. S. 142
4) Vgl. Schirmer, Stefan. Aufmacher der BILD-Zeitung im Wandel. München: Fischer Verlag. 2001. S. 8.
5) Vgl.Koszyk, Kurt/Pruys, Karl Hugo. Wörterbuch zur Publizistik, 3. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. 1973. S. 61.
6)Bruck, Peter A./Stocker, Günther: Die ganz normale Vielfältigkeit des Lesens. Zur Rezeption von Boulevardzeitungen. 1. Auflage. Münster, Wien : Lit Verlag. 2007. S.9
7) Vgl. Bruck A./Stocker, Günther:, 2007. S.23
8) Vgl. Schneider, Wolf/Raue Paul-Josef, 2006. S. 138
9) Vgl. Bruck/Peter.;Stocker, Günther: 1996. S. 9-12

Michael - Am 26. April 2010 um 15:35

Danke für die ausführliche Ausführung!

Fabian Greiler - Am 29. April 2010 um 21:50

Ich würde die Kleine Zeitung auch nicht als Boulevardzeitung bezeichnen.