Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Oe24.at: Die Meister des Umformulierens

Mit einem kontroversionellen Auftritt bei der ARD-Talkshow „Beckmann“ versuchte „No Angels“-Sängerin Nadja Benaissa letzten Dienstag ein neues Kapitel im Drama rund um ihren sogenannten HIV-Prozess aufzuschlagen. Man möchte meinen, dass die „Österreich“ – Redaktion, die den Fall seit geraumer Zeit detailliert dokumentiert, es für wichtig erachten könnte, diesen Auftritt auch tatsächlich anzusehen, was im Zeitalter von On-Demand kein Problem darstellen kann.

Abschreiben statt Recherche?

Stattdessen vermittelt der Artikel von Oe24 den Eindruck, als hätte man den Artikel der BILD-Zeitung Stück für Stück umformuliert. So ähneln sich schon die Schlagzeilen „No Angels-Nadja gibt Opfer Mitschuld!“ (BILD) und „Nadja Benaissa gibt Opfer Mitschuld“ (Österreich).

Dann der erste Absatz:

Die Sängerin stellte sich in Begleitung ihres Anwalts den Fragen des Moderators – sprach aber fast nur über die Zeit vor ihrer Verhaftung und die „Riesen-Lawine“, die danach über sie hereinbrach! (BILD)

Das wird zu:

Nadja erschien in Begleitung: An ihrer Seite war ihr Anwalt. Die meiste Zeit sprach sie über die Zeit vor der Verhaftung und über die Zeit danach, über die „Riesen-Lawine“, die da über sie hereinbrach. („Österreich“)

Dem zweiten Absatz widerfährt ein ähnliches Schicksal

Oe24 berichtet weiters:

Über ihre Schuld schwieg Benaissa. Sie räumte nur ein: (..) Sich selbst sieht die 28-Jährige als ‚lebendiges Beispiel und auch ein lebendes Mahnmal, was das Thema HIV betrifft.‘ („Österreich“)

BILD hatte dies zehn Stunden früher fast wortgleich formuliert:

Über ihr Opfer, ihre Schuld verlor sie dagegen kaum ein Wort, sagte nur: (..) Bei Beckmann sah sich Nadja nun als „lebendiges Beispiel und auch ein lebendes Mahnmal, was das Thema HIV betrifft.“ (BILD)

Der Rest des „Österreich“-Artikels scheint sich ähnlich am BILD-Artikel zu orientieren. Dass es auch anders geht, zeigen Bunte, Gala oder Welt, einzig der Schweizer Blick scheint auch bei BILD abzukupfern.

Season 2 von Kobuk startet heute auf diesem Kanal
Der höllisch lange Freitag in "Heute": 427 Stunden!

4 Kommentar(e)

Kanemu - Am 13. October 2010 um 19:18

Immerhin formulieren die mittlerweile schon um. Mir ist ein Fall bekannt (über einen Ex-Mitarbeiter) wo eine Redakteurin überhaupt nur einfach einen Spiegel Artikel per copy-paste ins Redaktionssystem übernommen hat. Damit nicht genug; Sie hat angeblich auch noch ihren Namen druntergestellt und ist ganz Stolz damit durch die Redaktion gelaufen…

derGraf - Am 18. October 2010 um 20:56

…und ich kenne einen Fall, da hat der Chefredakteur eines Hochglanzmagazins monatelang unbemerkt aus dem Internet unzählige Artikel und Kommentare per cut&paste übernommen. Der ist als Superschreiberling gehandelt worden…

Helge Fahrnberger - Am 19. October 2010 um 23:42

Liefert uns Belege auf sowas und wir machen’s öffentlich! 🙂

roland - Am 27. October 2010 um 15:49

seit wann schreibt man dann widerfahren mit langem i?