Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

War der Schutzraum der Kumpel ständig in Bewegung?

Die Medien waren sich uneinig, in welcher Tiefe die Kumpel eingeschlossen waren. Sie haben sich nicht nur untereinander widersprochen- auch innerhalb eines Mediums gab es keine einheitlichen Nennungen.

Am 12.10 berichtet der Online-Ableger von „Österreich“, die Bergleute seien in einer Tiefe von mehr als 600 Metern eingeschlossen. Einen Tag später, am 13.10 um 08:46 Uhr waren es exakt 620 Meter. Bereits am Abend des selben Tages war der Schutzraum jedoch in 700 Meter Tiefe.

Die Tageszeitung „Heute“ berichtet am 12.10 über einen 700 Meter tiefen Schutzraum. Am 13.10 waren es exakt 622 Meter. Am nächsten Tag 624 Meter. Kurios ist auch, dass „Heute“ berichtet, 29 Angehörige der Kumpel würden insgesamt 8,8 Millionen Euro fordern. Krone.at berichtete zwei Wochen zuvor von 27 Angehörigen, die insgesamt 27 Millionen Dollar fordern würden. Das entspricht einem Wechselkurs von 1:3.

Auch bei den „Qualitätsmedien“ wurden enorme Höhenunterschiede beobachtet. Derstandard.at ist sich am 11.10 sicher, die Kumpel seien in einer Tiefe von 624 Meter eingeschlossen. Allerdings steht schon auf dem Fotocredit, dass die Kumpel in 700 Meter festsitzen würden. Einen Tag darauf fällt der Schutzraum dann offiziell auf 700 Meter ab. Schließlich klettert der Raum am 13.10 jedoch wieder auf 622 Meter. Am 14.10 einigte man sich auf über 600 Meter Tiefe.

Beim ORF konnte man die Bewegungen des Schutzraums quasi im Minutentakt verfolgen. Hannelore Veit berichtet in einer ZiB-Special um 20:15 von 620 Meter Tiefe.  Gegen Mitternacht wusste ihr Kollege Roman Rafreider in der ZiB 24, dass die Kumpel in 622 Meter Tiefe festsitzen würden.

Die New York Times rechnete sich übrigends eine Tiefe von knapp einer halben Meile aus, was etwas weniger als 800 Metern entspricht.

Eine knifflige Situation für Journalisten, keine Frage. Was tut man da am besten? Man kann etwa dem Beispiel von Armin Wolf in der ZiB 2 folgen. Obwohl Chile knapp elf Minuten- der insgesamt 28 Minuten langen Sendung- gewidmet wurden, kam es zu keiner Nennung bezüglich der Tiefe. Frei nach dem Motto also: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal…“

Der Standard: Infografik-Waterloo mit über 15 Fehlern
Anonymisierung à la ATV

6 Kommentar(e)

Georg - Am 27. October 2010 um 08:30

sorry aber was ist an „mehr als 600 Meter“ zu bekritteln? ist das nicht etwas zuviel bashing?

nömix - Am 27. October 2010 um 09:20

»Quot capita, tot nonsens« wie der Lateiner weiß.
(frei nach Horaz)

Helge Fahrnberger - Am 27. October 2010 um 10:41

@Georg: Ich verstehe Yilmaz so, dass er nicht diese Angabe kritisiert, sondern alle Angaben dokumentiert und dann kritisiert, dass sie so weit auseinanderklaffen.

Georg - Am 27. October 2010 um 10:45

@Helge: Ja schon, nur ist genau „mehr als 600 Meter“ der einzige sinnvolle Ausweg wenn mans eben nicht genau weiß. Mir ist bewusst, das ist schon selbst Haarspalterei, aber wenn man schon selbst Kritik übt, sollte man sich selbst auch genau(er) nehmen

Helge Fahrnberger - Am 27. October 2010 um 12:04

@Georg: Wenn man ausschließlich „mehr als 600 Meter“ verwendet hätte, wäre das sinnvoll, ja. Kritisiert wird aber die Bandbreite der Aussagen einzelner Medien.

Yilmaz Gülüm
Yilmaz Gülüm (Autor) - Am 27. October 2010 um 12:41

Helge hat mich richtig verstanden, danke für die Erläuterung 🙂
Kritisiert wird die Bandbreite (620, 622, 624, 700- dazu noch Schätzungen „mehr als 600“ und „knapp 700“ bzw. „knapp eine halbe Meile“). Einheitlich „mehr als 600“ hätte gepasst. Dann hätten die Kumpel auch in 1000 Meter Tiefe sein können und es wäre richtig gewesen 🙂