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und schauen fern.

Naughty ORF (Update II)

naugh|ty [ˈnɔːtɪ]
engl.: unartig, ungezogen; a naughty
boy: ein Schlingel/böser Junge

Redaktionssysteme können tückisch sein. Manche benennen beim Upload jede Datei automatisch in eine nichtssagende Buchstaben-/Zahlenkombination um, andere behalten den ursprünglichen Dateinamen bei. Und plötzlich — ein medienhistorisch ziemlich einmaliger Moment — sagt ein Wort mehr als tausend Bilder:

(Das Video zeigt ein Interview mit dem Feldkircher Bürgermeister Wilfried Berchtold, der seine ehem. Geliebte zu nicht-einvernehmlichem Verkehr gezwungen haben soll, aber am Samstag in erster Instanz, und im Zweifel, vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden war.)

Mittlerweile wurde der Artikel umgestaltet und das Video unter neuem Namen in einen anderen Bericht ausgelagert. Hier ist aber (noch) die „naughty“ Variante abrufbar.

(Danke für den Hinweis und Screenshot an Markus W.)

Update: Das Originalvideo wurde nun endgültig vom ORF-Server entfernt.

Update 8. März: Der ORF hat uns gebeten, folgende Stellungnahme zu veröffentlichen:

Wir bedauern, dass eine intern geglaubte Bezeichnung online gegangen ist.

Seitens der diensthabenden Online-Redakteurin wurde am vergangenen Freitag diese Bezeichnung als unverwechselbare i n t e r n e Arbeitsbezeichnung für ein Videofile gewählt. Dieser Name war nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Der Apple Quicktime Player zieht jedoch automatisch die Dateibezeichnung in die Titelleiste hinauf und macht die Bezeichnung damit für die Apple User sichtbar, was der jungen Redakteurin bis dahin nicht bewusst war. Da die Redaktion den MicrosoftPlayer verwendet, war die Titelbezeichnung im Haus selbst nicht sichtbar und ist auch nicht aufgefallen. Ca. eine Stunde, nachdem das File und für Apple User auch die Titelleiste online waren, ist die Online-Redaktion durch einen User auf diese Situation aufmerksam gemacht worden. Daraufhin hat die Redaktion das Video umgehend offline gestellt, neu beschriftet und wieder online gestellt. Die ORF-Technik hat am Sonntag auch den offline gestellten Link gelöscht.

Es bestand zu keiner Zeit die Absicht den Bürgermeister zu verunglimpfen.

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9 Kommentar(e)

Ludren - Am 09. March 2011 um 00:09

„Es bestand zu keiner Zeit die Absicht den Bürgermeister zu verunglimpfen.“

Außer intern natürlich 🙂

nic_ko - Am 09. March 2011 um 01:48

naja, verunglimpfen eines bürgermeisters is net gaanz so tragisch. als person des öffentlichen lebens, noch dazu als politiker, ist man’s vermutlich gewöhnt.
aber: jemanden, der wegen eines vergewaltigungsdeliktes vor gericht steht als „naughty“ zu bezeichnen, so charmant-verharmlosend-augenzwinkernd – das halt ich eigentlich für den bedenklichen aspekt der story. weil ob eine interne bezeichnung durch pech öffentlich wird – so what? irren ist menschlich. bloß wessen geistes kind diese bezeichnung ist -das erzählt schon einiges…

Hans Kirchmeyr
Hans Kirchmeyr (Autor) (Autor) - Am 09. March 2011 um 02:09

Naja, Redaktionen haben da wohl einiges gemein mit Krankenhäusern, Pflegeheimen und ähnlichen Sozialeinrichtungen. Da sollte auch besser nie ein Außenstehender mitkriegen wie das Personal unter sich redet. Ist vielleicht Teil eines Verarbeitungsprozesses, von Vorgängen, die man ziemlich exklusiv erlebt und die einen auffressen würden, wenn man sich nicht über sie (halb)lustig machen könnte…

Hans (Ex-Zivi)

Stille Beobachter - Am 09. March 2011 um 08:28

Und ORF sei unabhängig und objektiv.. ?

Irene - Am 09. March 2011 um 10:15

Überaus relevantes Detail: „junge“ Redakteurin! 🙂

Helge Fahrnberger - Am 09. March 2011 um 10:53

@Irene: Wie Hans so treffend bemerkte: Welpenschutz.

Herr P. - Am 09. March 2011 um 13:50

@Irene, ich teile Ihr Schmunzeln. Allerdings finde ich auch die Tatsache bemerkenswert, dass es eine junge RedakteurIN gewesen sein soll, die hier in dieser Art und Weise kreativ wurde. Man wollte natürlich beschwichtigen, keine Frage. Da kommt es gelegen, wenn man eine „junge, unerfahrene, frisch gefangte RedakteurIN“ zum Sündenbock erklärt, wobei die Weiblichkeit der Redakteursperson technische Unversiertheit suggerieren soll. Gewissermaßen nach dem Motto: „Habt doch Nachsicht mit dem jungen Mäderl, das sich hinten und vorne noch nicht auskennt!“.

Es kann sich natürlich auch so zugetragen haben, wie der ORF die Sache erklärt hat. Es ist halt so klischeehaft.

Frau Sokol - Am 09. March 2011 um 22:03

Relevanzkriterien täten Kobuk ganz gut.

GGG - Am 10. March 2011 um 13:41

‚tschuldigung, aber ich habs auch im mediaplayer geöffnet und da kam der naughtywilly auch!