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„Heute“–Hattrick

Im Fußball nennt man es Hattrick, wenn einer dreimal im selben Spiel ein Tor schießt. Dreimal daneben hingegen, ist auf Kobuk einer:

"Heute", 10.5.2011

1. Obamas Geheimagentin — Dieses Foto kostet ihr den Job
Eine junge, unbekannte Frau im innersten Zirkel der Macht? Das kann ja nur ein Versehen sein. Ich bin zwar kein Parade-Feminist, aber jede Wette: bei einem jungen Mann hätten alle den „Director for Counterterrorism“ als gegeben hingenommen, ohne sich in wilden Spekulationen zu verlieren.

Jedenfalls gibt es keinen seriösen Hinweis, dass die Dame auf dem mit Bedacht gewählten Propagandabild eine irrtümlich enttarnte Spionin sei, die nun ihren Job verliert. Quelle dürfte dieser Artikel der „Bild“-Zeitung sein. Die aber vorbildlich darauf hinweist, dass es sich nur um Internetgerüchte und Mutmaßungen des britischen Boulevards handelt. Informationen, die in „Heute“ fehlen. Aber ein bisschen Schwund ist ja immer, von einem Nachrichtendienst zum andern.

2. Osamas Witwe: Mein Bin nahm Viagra
Erst mal: „Bin“ bedeutet soviel wie „Sohn von“. Im Deutschen gibt es dazu keine direkte Entsprechung, aber die Schlagzeile ist ungefähr so intelligent wie: „Guttenbergs Frau: Mein Von hat nicht kopiert“ (hypothetisches Beispiel).

Und das mit dem Viagra, bzw. „Kräutern mit Viagra-Effekt“, wie’s dann weiter unten nur mehr heißt? Naja, es könnte zumindest die Waffe erklären, durch die sich die Navy Seals so bedroht fühlten. Und dass jener Mann, der die Türme fallen ließ, selbst keinen mehr hochbekam, ist offenbar ein derart reizvolles Bild, dass ihm auch viele andere Redaktionen erlegen sind.

Bloß: alles was man in Osamas Versteck gefunden hat, war ein „Avena Sativa Syrup“. Auf gut Deutsch: Hafersaft. Ob das seiner war und, falls ja, warum er ihn zu sich nahm, bleibt reine Spekulation. Von Potenz- bis Schlaflosigkeit ist da so ziemlich alles drin. Und auch die Aussagen der Witwe, ziemlich exklusiv in „Heute“, bringen hier nur scheinbar Klarheit:

„Fünf Jahre lang verließen wir kaum das Zimmer, ich pflegte dort meinen Terrorgreis. Seiner Libido half ich mit speziellen Kräutern mit Viagra-Effekt auf die Sprünge.“

Die bemühen sich gar nicht mehr, frei erfunden Zitaten den Anschein von Authentizität zu verleihen.

3. Gondoliere [sic!] prügeln sich um den Papst

Vier Fäuste für ein Halleluja! […] es soll auch mehrere blaue Augen gegeben haben.

Was soll man sagen, die Geschichte ist so schlicht erfunden. Die Gondolieri haben zwar tatsächlich darum “gekämpft”, den Papst in den Kanal Kanälen befördern zu dürfen, manche auch unfair (einer hat z.B. eine Heiligenerscheinung vorgetäuscht, um sich einen Vorteil zu verschaffen), aber dass dabei die Fäuste flogen, ist nirgends überliefert — außer in „Heute“.

Gibt es bei Oe24.at keinen Spellchecker?
Die gezielte Bildauswahl des "Standard"

12 Kommentar(e)

Renko - Am 19. May 2011 um 09:37

»Kostet ihr den Job«? Ist Dativguru Schneckerl Prohaska jetzt auch schon Titelschreiber bei »Heute«? Muss doch »kostet sie den Job« heißen …

Hans Kirchmeyr
Hans Kirchmeyr (Autor) - Am 19. May 2011 um 09:53

@Renko
Ganz ehrlich, das war der allererste Grund, warum ich auf der Seite hängengeblieben bin. Aber diesbezüglich sind wir ja gebrannte Kinder. Daher hab ich umgehend Dr. Duden (ordiniert seit kurzem auch gratis online) konsultiert und der kennt tatsächlich beide Varianten.

Mancunian - Am 19. May 2011 um 10:23

Noch etwas: Vor allem schmerzt es Italienischkundige, wenn von „die Gondoliere“ die Rede ist, weil ein Gondoliere – mehrere GondolierI…

Hans Kirchmeyr
Hans Kirchmeyr (Autor) - Am 19. May 2011 um 10:31

@Mancunian
Menno, man darf „Heute“ ja echt im wahrsten Sinne kein Wort glauben. Danke, hab’s im Artikel korrigiert.

Helge Fahrnberger - Am 19. May 2011 um 10:39

@Mancunian: Ich habe jahrelang im Kaffeehaus hartnäckig „Espressi“ und „Cappuccini“ bestellt – bis zu einer Gegebenheit in einem Südtiroler Autogrill: Die italienische Barfrau sagte selbst auf Deutsch „Espressos“ und hat auf Nachfrage, ob das auf Deutsch nicht auch „Espressi“ heißt, nur milde gelacht.

martin - Am 19. May 2011 um 11:48

Alles Ablenkung, wenn da geheime Spione drauf waren dann ists der Mann mit schwarzem Anzug am rechten Bildrand oder dem im beigen Hemd neben Fr. Thomason (hinter ) 😉

Moni - Am 19. May 2011 um 12:47

Hallo,

der Artikel ist sehr gut, wirklich. Ich denke, ihr habt auch gut recherchiert, aber das mit der Übersetzung von „Bin“ stimmt nicht ganz. ‚Bin‘ kommt vom Hocharabischen ‚Ibn‘ und bedeutet lediglich ‚Sohn‘. Wenn danach aber noch ein Name folgt, verbinden sich die beiden Wörter zu einer Genitivverbindung woraus dann in der deutschen Übersetzung eben ‚Sohn von Laden‘ oder um ebenfalls den Genitiv zu verwenden ‚Sohn Ladens‘ geworden ist.
Das Beispiel mit der Frau von zu Guttenberg müsste korrekterweise also lauten: „Mein Sohn….“ Das Sohn darf man nicht einfach wegstreichen.
Ich hab mir, als ich den Artikel in „Heute“ gelesen habe, aber auch schon gedacht, wie dämlich das klingt. Seien Frau wird ihn wohl kaum als Sohn bezeichnet haben….
Lg
moni

massimofunghi - Am 19. May 2011 um 14:23

osama der vaterbruder….https://www.heute.at/news/welt/Justiz-soll-klaeren-Bin-Laden-Sohn-droht-USA-mit-Klage;art414,558845

in diesem artikel wird ein sohn osamas mehrmals omar bin laden genannt.
ich dachte mir bereits beim lesen, dass der gute mann doch omar bin osama (bin laden evtl) heißen müsste.
hat HEUTE hier schwierige familienverhältnisse aufgedeckt oder ist es ok ihn omar bin laden zu nennen?

Helge Fahrnberger - Am 19. May 2011 um 14:29

@Massimo: Seit es in Saudi Arabien Nachnamen gibt, haben „Sohn von..“-Namen nur noch historische Bedeutung. Die Bin Ladens heißen seit über 100 Jahren so: https://en.wikipedia.org/wiki/Bin_Laden_family

massimofunghi - Am 19. May 2011 um 14:38

@ helge
danke für die info. viele antworten liegen oft nur eine wikisuche entfernt =D
die andere erklärung wäre zwar lustiger gewesen, aber man kann eben nicht alles haben.

VonFernSeher - Am 19. May 2011 um 19:57

Quelle dürfte dieser Artikel der “Bild”-Zeitung sein. Die aber vorbildlich darauf hinweist, dass es sich nur um Internetgerüchte und Mutmaßungen des britischen Boulevards handelt.

Wenn man jetzt beim Gerüchteverbreiten den nennt, von dem man das Gerücht hat, ist das also schon vorbildlich. Langsam kome ich mit der kobuk-Logik zum Journalismus nicht mehr mit.

c. györgyfalvay - Am 19. May 2011 um 20:14

„Mein Von hat nicht kopiert”
vielen dank für diesen vergleichs-satz! ich hab mit meinem lachanfall die halbe nachbarschaft unterhalten!