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Armin Wolf: „8-12 Auftritte pro Jahr, nie parteinahe“

Die FPÖ trommelt derzeit auf Twitter in Person von Generalsekretär Harald Vilimsky und Pressemann Martin Glier auf ZIB2-Frontman Armin Wolf ein, er solle seine Nebeneinkünfte offenlegen:

Dieser pariert die Angriffe mit Humor – siehe diese unterhaltsamen Dialoge -, geht aber nicht weiter auf sie ein. Krone-Journalist und Ex-Heute-Chefredakteur Richard Schmitt hält die Vorwürfe zwar ebenfalls für den Versuch einer Neiddebatte, verlangt aber eine Stellungnahme aus Sauberkeitsgründen:

Glier und Vilimsky selbst weigern sich seit Wochen beharrlich, offenzulegen, wer die FPÖ-Reise zum tschetschenischen Folterpräsidenten Kadyrov bezahlt hat, die FPÖ steckt derzeit dank Martin Graf in einer veritablen Krise und Armin Wolf gilt als einer der wenigen, dem es gelingt, die aggressive Rhetorik eines Heinz-Christian Strache zu hinterfragen.

Aus diesen Gründen halte ich das plötzliche FPÖ-Interesse an Wolfs Nebeneinkünften nicht nur für fadenscheinig, sondern auch für einen Angriff auf dessen kritischen Journalismus, für einen Versuch, seine Unabhängigkeit zu beschädigen. Die Nervosität der FPÖ könnte auch mit Wolfs Rolle als Interviewer bei den ORF-Sommergesprächen zusammenhängen.

Dennoch ist Transparenz beim Umgang mit Nebeneinkünften wichtig, und ich habe deshalb Armin Wolf um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Seine Antwort im Volltext:

Dass es der FPÖ hier um ein klassisches Ablenkungsmanöver geht, ist ja für einen Blinden offensichtlich. Die Debatte um Herrn Graf muss seinen Kameraden ziemlich nahe gehen.

Aber wenn’s der Wahrheitsfindung dient: Ich mache grundsätzlich keine Interview-Coachings und halte das für gänzlich unvereinbar mit meinem Job (Disclaimer: ich mache immer wieder Interview-Trainings für junge Journalisten im ORF oder an Unis, also für Menschen, die Interviews führen, aber natürlich nicht für Politiker oder Manager). Aber ich halte Vorträge zu den Themen Journalismus und v.a. Social Media und moderiere gelegentlich Podiumsdiskussionen oder Kongresse – üblicherweise vor mehreren hundert Besuchern, also nicht im Geheimen. Selbstverständlich sind alle diese Engagements vom ORF offiziell genehmigt und unterliegen den – sehr strengen – Ethik-Richtlinien des ORF.

Ich hätte übrigens nichts dagegen, würde mir jemand „8.000 Euro für zwei Stunden Moderation“ bezahlen, wie die FPÖ – natürlich ohne jeden Beleg – behauptet. Leider hat mir das aber noch niemand angeboten und ich habe es auch noch nie verlangt.

Ich komme so auf etwa 8 bis 12 „Auftritte“ pro Jahr. Mindestens 80 Prozent aller Anfragen lehne ich ab, da ich sie für unvereinbar mit meiner ORF-Tätigkeit halte. Auf Veranstaltungen jeglicher Art von Partei(nahen)-Organisationen und staatlichen Institutionen (Ministerien etc.) trete ich grundsätzlich nicht auf, ebensowenig auf politisch einseitig besetzten Podien.

Seit vielen Jahren halte ich allerdings immer wieder an Unis und Fachhochschulen Lehrveranstaltungen zum den Themen Journalismus, Medien und politische Kommunikation.

Falls jemand eine allgemeine Regelung einführen möchte, wonach alle ORF-MitarbeiterInnen ihre Nebentätigkeiten offenlegen müssen, hätte ich damit natürlich keinerlei Problem. Ach ja, und bevor ich’s vergesse: Selbstverständlich mache ich auch keine Werbung. Das ist ORF-JournalistInnen gesetzlich verboten.

Meine Anfrage an ihn im Wortlaut: „Könntest du mir eine Stellungnahme zu deinen Nebeneinkünften geben, aus Sicht deiner journalistischen Unabhängigkeit? Die konkrete Höhe dieser Nebeneinkünfte interessiert mich übrigens wenig, ich bin an keiner Neiddebatte interessiert. Wie beurteilst du die Fragen von Glier und Vilimsky auf Twitter, was steckt da dahinter?“

Disclaimer: Ich habe einmal auf Armin Wolfs Vorschlag hin einen Social-Media-Workshop für das ZIB-Team gehalten.

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9 Kommentar(e)

markus meissl - Am 13. June 2012 um 16:36

mir ist klar, dass du auf deiner facebook oder homepage nicht zur objektivitaet verpflichtet bist, aber ich find es trotzdem schade, dass du es nicht neutraler angehst. tatsache ist, dass auch ein journalist nicht zu duennhaeutig sein darf,,wenn solche fragen kommen.
mich interessiert es. auch das was er bekomm hat. nicht aus neidgruenden sondern weil man unter umstaenden darueber diskuieren koennte, dass der orf anrecht hat auf teile dieser summen, da ohne die werbewirksamkeit des orf jemand wie armin wolf in der allgemeinden wahrnehmung bei weitem nicht so praesent waere.

Helge Fahrnberger
Helge Fahrnberger (Autor) - Am 13. June 2012 um 16:45

@Markus: Als Medienwatchblog halte ich es für unsere Aufgabe, neben Fragen der Unabhängigkeit auch Angriffe auf kritischen Journalismus zu dokumentieren. Natürlich machen wir das subjektiv – aber transparent. Alle Quellen, Fragen und Antworten liegen offen, du kannst dir selbst eine Meinung bilden.

Vilimsky und Glier haben mir nicht geantwortet, warum sie das wissen wollen bzw. was daran ihrer Meinung illegitim ist, aber Richard Schmitt hat es getan. Ihm geht es um die journalistische Unabhängigkeit. Gerechtigkeitsfragen, wie du sie ansprichst, waren in der Diskussion kein Thema. Darum (und weil ich sie mir auch nicht stelle), habe ich Wolf nicht danach gefragt. Frag ihn du, wenn dich das interessiert!

Elfriede Humer - Am 13. June 2012 um 17:04

Nach der Logik müßte der ORF, jedes Theater, Oper, Bühne, … die dazu beigetragen haben, dass ein Künstler, Moderator, Vortragender, … bekannt wurde, Anrecht auf einen Teil seiner Gage haben???

Peter - Am 13. June 2012 um 17:36

Der ORF soll ein Anrecht auf Teile des Honorars von Wolf haben?
So einen Blödsinn hab ich schon lange nicht mehr gehört.
Als nächstes hat der ÖSV ein Anrecht auf Teile der Werbeeinnahmen von Marcel Hirscher oder wie?

J - Am 13. June 2012 um 17:45

Bitte die Rechtschreibung in der -Überschrift- überdenken. Aufritte?

Helge Fahrnberger
Helge Fahrnberger (Autor) - Am 13. June 2012 um 17:47

Thx, fixed.

schnee - Am 15. June 2012 um 09:42

Ich möchte gerne anmerken, daß meiner Meinung nach Bezeichnungen wie „Folterpräsident“ (auch wenn sie inhaltlich nicht falsch sein mögen) den KollegInnen von Österreich, Heute und der Krone überlassen bleiben sollten. Wenn nicht genug Zeit für Differenzierung vorhanden ist, bietet sich immer noch die Bezeichnung „umstritten“ an.

Albert - Am 23. June 2012 um 03:13

was ich nicht ganz versteh ist immer dieser „ja keine neiddebatte“-scheiß. was ist so schlecht daran, einkünfte offenzulegen? wir kriegen alle geld für unsere arbeit, armin wolf wird schon einen zumindest angemessenen lohn für seine leistung kriegen. muss da erst „eine allgemeine regel eingeführt werden, dass orf mitarbeiter ihre einkünfte offenlegen“ – so nach dem motto: „ich hab‘ ja nix gegen transparenz , aber von selbst fang‘ ich nicht damit an, da muss man mich schon zwingen“, geniert sich armin wolf etwa doch für die höhe seiner einkünfte? traut sich helge nicht fragen, weil man „nicht nach geld fragt“? (um gottes willen, man könnte ja gottgegebene machtverhältnisse in frage stellen). gerade so eine geheimnistuerei fördert doch die neiddebatte. jetzt muss ich fast annehmen, dass er einen unanständig hohen stundenlohn kriegt.
wäre sowas offen, könnte die fpö doch gar nicht so ein ablenkungsmanöver fahren.

ich versteh‘ schon, dass es hier um einen angriff gegen einen mehr oder weniger unabhängigen moderator geht, und eben nicht um die art, wie dieser angriff durchgesetzt wird. trotzdem kommt’s mir so vor, als würden durch diese reflexartige diskretion bei geldfragen gerade auch diese art weiterhin legitimiert werden.

Helge Fahrnberger
Helge Fahrnberger (Autor) - Am 24. June 2012 um 15:48

@Albert: Ich bin bei dir, Einkommens- und Steuertransparenz wäre begrüßenswert. In einigen skandinavischen Ländern kann jeder im Internet den Steuerbescheid jeden Bürgers und jeder Bürgerin einsehen.

Wenn jedoch Politiker, die sich selbst seit Jahren weigern, die Höhe ihrer Nebeneinkünfte offenzulegen, obwohl sie als Gesetzgeber ständig Lobby-Einflüssen ausgesetzt sind, von Journalisten verlangen, genau das zu tun, dann ist das ein Spiel, das wir hier selbstverständlich nicht mitspielen. Das hat mit Interesse an Transparenz nichts zu tun sondern ist ein Versuch, kritische Journalisten zu desavouieren.