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Krone biegt sich eine „Studie“ der Auto-Lobby zurecht

Die „Krone“ argumentiert in ihrer Ausgabe vom 6. Mai mit einer Studie gegen die kürzlich von den Grünen angeregte Diskussion über eine Ringstraße der Zukunft. Bei dieser schon 2012 publizierten Studie handelt es sich um eine Veröffentlichung der KFZ-Lobby, die lediglich auf temporäre Sperren des Rings eingeht. Mit einer dauerhaften Verkehrsberuhigung, wie von der „Krone“ suggeriert, hat diese Studie nichts zu tun.

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In der Studie geht es ausschließlich um die Erhöhung der Schadstoffemissionen als Folge von vorübergehenden Straßensperren für ein bis vier Stunden, wie es bei Demos (wie z.B. jene der Plattform „Autofreie Stadt“) der Fall ist, welche die „Krone“ sehr häufig kritisiert.

In der Arbeit schätzt die Autorin die verursachten Mehremissionen, die durch Staus und Umleitungen aufgrund einer vorübergehenden Ringsperre entstehen. Dabei gelangt sie zum wenig überraschenden Ergebnis, dass es mit Sperre eines Abschnitts des Rings zu einer höheren Schadstoffbelastung kommt als ohne einer solchen Straßensperre.

Screenshot: krone.atDoch selbstverständlich würde eine Umgestaltung der Ringstraße mit einer umfangreichen Neuordnung der Verkehrsströme einhergehen und ist mit einer kurzzeitigen Straßensperre nicht vergleichbar.

Selbst die Autorin der Studie bestätigte mir gegenüber, dass für eine dauerhafte Sperre die Berechnungen mit anderen Randbedingungen durchgeführt werden müssten. Inhaltlich ist diese Studie für eine Argumentation gegen eine langfristige Umgestaltung mit einem dafür notwendigen Verkehrskonzept also völlig ungeeignet.

Laut dem „Krone“-Artikel handle es sich um zwei ExpertInnen der Technischen Universität (TU) Wien, die bereits vor Monaten sämtliche Folgen einer Sperre der Ringstrasse erhoben hätten. Die besagte Studie wurde allerdings bereits vor mittlerweile 40 Monaten veröffentlicht und kommt nicht von der TU. Der Herausgeber der Studie ist nämlich der Österreichische Verein für Kraftfahrzeugstechnik.

Bildschirmfoto 2015-05-07 um 12.52.11Der ÖVT schafft es nicht zum ersten Mal, dass über seine Studien in den österreichischen Medien prominent berichtet wird. Schon voriges Jahr haben wir aufgezeigt, wie APA, Heute & Co über eine dieser Lobbystudien berichteten, ohne dass für die Leserschaft eine journalistische Einordnung erfolgte.

Der Artikel merkt an, die Autorin der Studie würde „ganz ohne politisch motivierte Emotion“ erklären, „warum sich die Situation sicher nicht bessert“. Doch ganz im Gegenteil dazu setzt sich der ÖVK seit Jahren sehr intensiv für die Interessen der Automobilbranche ein. Der ebenfalls erwähnte achtzigjährige Hans Peter Lenz, dessen Vorsitzender, wird als „Motoren-Papst“ bezeichnet, der als Vorstand am Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik als strikter Verteidiger der Verbrennungskraftmaschine galt. Er behauptete beispielsweise auch,  dass es Tatsache sei, dass es keine vom Menschen verursachte Klimakatastrophe gäbe.

Die Krone trägt nichts zu einer demokratischen Debatte über eine umfassende Umgestaltung der Wiener Ringstraße bei. Vielmehr führt sie ihre LeserInnen absichtlich in die Irre.

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3 Kommentar(e)

Ulrich Leth - Am 17. June 2015 um 21:19

Wie sich eine permanente Ringsperre auswirken würde (bzw. schon ausgewirkt hat), und wie lange es dauert, bis der Stau abklingt, kann man übrigens hier nachlesen:
https://transportproblems.polsl.pl/pl/Archiwum/2011/zeszyt1/2011t6z1_09.pdf

Tobias - Am 18. June 2015 um 13:19

Um wieviel steigt das Volumen der Emissionen? Auf das 3,3-fache? Oder um 3 komplette Stephansdome (mit der Ausgangsbasis eines halben)? Sind Stephansdome in Österreich ein greifbares Maß für das Volumen wie in Deutschland das Saarland für die Fläche?

Daniel - Am 19. June 2015 um 00:03

Ändert leider nichts daran, dass alleine der Gedanke eines verkehrsfreien Rings, absolut idiotisch ist. Das bietet keinerlei Benefit. Für niemanden. Ähnlich der geplanten Fahrbahnverengung im neuen Schwedenplatz-Modell.