Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Kategorie: International

„Zum Regieren brauche ich nur Bild, BamS (Bild am Sonntag) und Glotze.“ Mit diesen Worten untermauerte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder einst die Macht der „Bild“ in Deutschland. Die größte Boulevardzeitung des Landes nimmt in puncto politischer Berichterstattung auch heute noch eine gewichtige Rolle ein und folgt dabei – gelinde gesagt – nicht immer journalistischen Leitlinien. Das ist auch bei der Berichterstattung über den deutschen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck der Fall.

In den vergangenen Monaten fuhr „Bild“ eine heftige Kampagne gegen den Grünen-Politiker. Mehrmals pro Woche schrieb die Boulevardzeitung negativ über Habeck – und das nicht nur über seine politische Arbeit, sondern auch über ihn als Person. „Bild“ machte den 53-Jährigen zum Sündenbock für alles Mögliche, was in Deutschland schiefläuft, oder irgendwann in Zukunft einmal schieflaufen könnte.

Im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2022 analysierten wir alle Print-Berichte der „Bild“ und „Bild am Sonntag“ über Habeck. Meinungsbeiträge nicht dazu gezählt (dazu später mehr), fanden wir 147 relevante Artikel. Davon waren 101 negativ und 45 in einem neutralen Ton verfasst. Bei lediglich einem Artikel war eine positive Haltung gegenüber Habeck auszumachen. 

Der erste Frame: Habeck ist unfähig

Am häufigsten schrieb „Bild“ Artikel, die darauf hinauslaufen, dass Habeck unfähig und als Minister heillos überfordert ist. In einem Text vom 25. November wurde er beispielsweise zu den drei größten Flops der Ampel-Koalition gezählt.

Ein weiteres Beispiel: Am 27. August berichtete die Boulevardzeitung über „Habecks Horror-Woche“ und sprach dabei von einer „Blamage“ sowie „kleinlauten Nachbesserrungen“. Worum ging es konkret?

Habeck wollte damals eine Gasumlage einführen, mit deren Hilfe er die Gas-Versorgung Deutschlands stabilisieren wollte. Diese Umlage hätte für Haushalte und Firmen bis Ende April Zusatzkosten in Milliardenhöhe bedeutet. Das Geld hätte an Gas-Importeure gehen soll, damit diese Preisschwankungen beim Gas-Einkauf ausgleichen können. Ende Augst kündigte der Wirtschaftsminister eine Änderung an, durch die verhindert werden sollte, dass von den Zusatzzahlungen auch Unternehmen profitieren, die diese nicht benötigten. Und das war laut „Bild“ also die große Blamage?

Medien wie zeit.de oder orf.at sahen das nicht so und berichteten neutral und ausgewogen. tagesschau.de und handelsblatt.com hoben in ihren Artikeln sogar die zu erwartende Entspannung bei der Vorsorge für den Winter hervor. Zur Umsetzung dieser Gas-Umlage kam es übrigens nie – das Vorhaben wurde Ende September begraben.

Komplettiert wurde die vermeintliche Horror-Woche Habecks laut „Bild“ dadurch, dass „sein Plan für mehr und schnellere Kohletransporte per Bahn holpert“. Was die Zeitung nicht erwähnte: Mehr und schnellere Kohletransporte per Bahn waren zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen.

Dieses Beispiel zeigt ein beliebtes Muster der „Bild“-Kampagne: Einordnungen und wichtige Zusatzinformationen fanden in der Berichterstattung meist keinen Niederschlag. Dabei setzte die Zeitung auf Maledicta – also Begriffe, die eine abwertende Bedeutung haben -, um Habeck in ein schlechtes Licht zu rücken. So bezeichnete „Bild“ den Vizekanzler am 17. Oktober als „Streithahn“, mehrfach war im Zusammenhang mit ihm das Wort „Murks“ zu lesen und mitunter unterliefen Habeck auch schon mal „Patzer“ und „Pannen“.

Der zweite Frame: Habeck ist müde und an allem schuld

„Bild“ attackierte Habeck auch persönlich. So wurde nicht nur seine Regierungsfähigkeit in Frage gestellt, sondern auch auf das äußere Erscheinungsbild des 53-Jährigen eingegangen. „Die vergangenen Tage haben Habeck sichtlich zugesetzt: Er hat tiefe Ringe unter den Augen, die Stimme ist leise und kraftlos. Haben die Enthüllungen über seine Atom-Lüge dem Vizekanzler schlaflose Nächte bereitet?“, schrieb „Bild“ Anfang November. In einem Meinungsartikel vom 10. November wurde auf Habeck als „Bückling“ referenziert. Schon am 8. September hatte die Zeitung den Vizekanzler in einem TV-Interview als „müde“ und „angespannt“ wahrgenommen. Auch andere Medien wie spiegel.de oder süddeutsche.de stellten Habeck nach dem Interview mit Sandra Maischberger ein schlechtes Zeugnis aus – der Unterschied: Sie bezogen ihre Kritik auf Inhalte.

Auffällig ist zudem, dass Habeck von der „Bild“ oftmals als Alleinschuldiger auserkoren wurde. „Habeck will offene Ladentüren verbieten!“, „Habeck lässt uns doppelt zahlen!“ und „Diese Dreckschleudern bringt Habeck jetzt wieder ans Netz!“ sind nur drei der Beispiele, bei denen der Vizekanzler als Sündenbock herhalten musste. Zur Erinnerung: Auch in Deutschland müssen Gesetze und Verordnungen in einem Parlament von einer Mehrheit beschlossen werden.

Besonders perfide wurde die Kampagne am 28. September: „Herr Habeck, ein Blackout bedeutet für mich den Tod!“, titelte die Zeitung. Im Text wurde eine 64-jährige Frau zitiert, die im Falle eines Blackouts angesichts einer chronischen Lungenerkrankung vor großen Problemen stünde. Die Zeitung suggerierte also, dass Habeck nicht nur Schuld an einem Blackout hätte, sondern irgendwie auch dafür verantwortlich wäre, sollte diese Frau sterben.

Der dritte Frame: Habeck will Bürger:innen bevormunden

Des Weiteren zeichnet sich die Kampagne der „Bild“ durch die vermeintliche Weltuntergangsstimmung in Deutschland aus, für die Habeck in vielen Fällen verantwortlich gemacht wurde. Vor allem im Zuge der Energiekrise wollte er die Bürger:innen laut „Bild“ dabei auffällig oft bevormunden.

So schrieb „Bild“ nach der Präsentation eines neuen Energiesparpakets am 22. Juli von „Habecks eiskaltem Winter-Plan“ und suggerierte, dass die deutsche Bevölkerung im Winter frieren müsse, wenn sie den Anordnungen des Wirtschaftsministers nicht gehorche. Am 20. August stellte die Zeitung dann sogar die Frage, ob die Grünen gemäß dem „Dusch-Vorbild“ Habeck („schnell“, „kalt“) den Menschen das Duschen verbieten wollen. Nur fünf Tage später malte „Bild“ ein weiteres Schreckensszenario an die Wand: „Regierung befiehlt: Licht aus! Maske auf! Heizung runter!“ Die skizzierten Worst-Case-Szenarien traten – wie wir heute wissen – allerdings nicht einmal ansatzweise ein.

Das i-Tüpfelchen: Habeck und die Meinungsbeiträge

Viele dieser Berichte haben wenig mit Journalismus zu tun, so richtig heftig wurde es aber erst in den Kommentaren der „Bild“. 22 der 23 geschriebenen Meinungsbeiträge (Kommentare und Kolumnen) im untersuchten Zeitraum wiesen eine Abneigung gegenüber Habeck auf. Eine Kostprobe:

  • „Habeck spielt mit unserem Land“, meinte etwa Filipp Piatov in einem Kommentar vom 6. September.
  • Nur zwei Tage später erklärte Jan W. Schäfer, dass Deutschland keinen „Minister Ahnungslos“ brauche: „Mitten in der Krise offenbart Robert Habeck seine Ahnungslosigkeit. Der Minister, der Firmenchefs mit Vorschriften zum Energiesparen belehrt, weiß offensichtlich selbst gar nicht, wie die Wirtschaft tickt.“
  • Am 1. Dezember schrieb erneut Piatov, dass Habeck „Deutschlands Werte völlig umsonst“ verkaufe.
  • Dass sich an der Einstellung gegenüber Habeck auch zu Beginn des Jahres 2023 nichts änderte, zeigt ein Kommentar vom 5. Jänner. In diesem bezeichnete Schäfer den Vizekanzler als „Polit-Egoist“, der „Deutschlands Glaubwürdigkeit und Ansehen aufs Spiel“ setze.

Am 23. Jänner dieses Jahres eine weitere irreführende Schlagzeile. „Regierung verschenkt Energie ins Ausland – und wir zahlen drauf! Der große Strom-Skandal“, titelte „Bild“. Daneben abgebildet: Robert Habeck. Doch wie der Bildblog richtig schreibt: Die Regierung kauft keinen Strom, verkauft keinen Strom und verschenkt auch keinen Strom. Und schon gar nicht Robert Habeck.

Die „Bild“-Kampagne gegen den deutschen Vizekanzler, sie scheint so schnell kein Ende zu nehmen.

 

Gefällt dir der Artikel? Bitte denk‘ darüber nach, ob du Kobuk unterstützen möchtest. Hier erfährst du wie.

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.

Kürzlich machte eine vermeintliche Sensation in internationalen und auch österreichischen Medien die Runde. So behaupten „buzz.oe24.at“, „heute.at“, die Online-Ausgabe der „Bild“ und viele internationalen Medien, dass so mancher Bart ekliger und dreckiger als Toiletten sei. In Online-Artikeln von „Heute“ und „Bild“ ist sogar die Rede davon, dass in Bärten Spuren von Kot enthalten sei. Wie sich herausstellt, ist das Unfug.

Bart

Die Meldungen gehen auf ein Experiment des US Senders KOAT Action News 7 zurück. Dort wurden bakterielle Proben aus den Bärten von zufällig ausgewählten Männern analysiert. Laut Ergebnis wurden teilweise Bakterien, die unter anderem im Darm zu finden sind, auch in den Bart-Proben gefunden. Einige Medien setzen dann diese Bakterien mit „Spuren von Kot“ gleich. Das ist so allerdings nicht richtig.

Im Video des Senders erklärt der leitende Mikrobiologe, dass es sich hierbei um Enterobakterien handelt. Enterobakterien kommen so gut wie überall vor. Im Kot, auf dem Boden, auf der Haut, im Bart oder auf dem Gerät mit dem du diesen Artikel gerade liest. Deswegen hast du aber noch lange kein Kot auf deinem Smartphone oder Tablet. Diese Bakterien sind also allgegenwärtig und sie mit Kot gleichzusetzen, wie es zum Beispiel „Heute“ macht, ist unsinnig:

„So befinden sich Mikrobiologen zufolge im Bart eines Mannes mehr Bakterien als auf einem Klo, darunter sogar Spuren von Kot.“

Ob dieses Experiment wissenschaftlichen Kriterien standhalten würde ist fraglich. Ein Gegen-Experiment mit Proben von der Gesichtshaut von glattrasierten Personen wurde vom US-Sender KOAT Action News 7 jedenfalls nicht durchgeführt.

Bei der kartografischen Darstellung der Ergebnisse zur Europawahl 2014 haben einige Medien ganz schön gepatzt:

DiePresse.com

UPDATE!: Der Erstellerin der Karte zufolge war die falsche Zuordnung des Vereinigten Königreichs eine Folge der späten britischen Wahlergebnisse. Diese waren zum Zeitpunkt der Kartenerstellung noch nicht vorhanden und wurden auch direkt im Anschluss nicht ergänzt. Das „weiß lassen“ führte zu einer missverständlichen Farbgebung. Mittlerweile ist die Karte ergänzt und ausgebessert.

presse

Glaubt man der Online-Karte der „Presse“, ist die stärkste Kraft im Vereinigten Königreich – UKIP – fraktionslos. Das ist allerdings falsch, denn die Partei ist Teil der EFD (Europa der Freiheit und Demokratie). Nicht nur das – der Vorsitzende der UKIP, Nigel Farage, ist sogar Vorsitzender der Fraktion. Ein Fehler…

 

Spiegel Online

spiegel78

…der übrigens auch „Spiegel Online“ unterlaufen ist (UPDATE!: Auch hier scheinen die spät eingetroffenen Resultate zu einer unvollständigen Karte geführt zu haben. Die Karte wurde mittlerweile upgedatet.). Eine Karte später hat man dort dann auch noch vergessen, Rumänien zur EU zu zählen.

Österreich

oesterreich

Den Vogel abgeschossen hat aber die Europakarte der Gratisausgabe von „Österreich“ vom 26. Mai. Diese beweist nicht nur Kreativität in Sachen Landeskunde – die Mittelmeerinsel Korsika gehört nicht mehr zu Frankreich sondern zu Spanien, die schwedische Insel Gotland wurde offenbar aus der EU befördert, wie das mit Nordirland ist weiß auch niemand – und wo ist eigentlich Zypern (1)? – sondern strotzt auch noch vor inhaltlichen Fehlern*: Die Niederlande (2) sind schwarz eingefärbt, müssten aber gelb sein, da die liberale ALDE dort die meisten Sitze hat. Tschechien (3) und Polen (4) sind wiederum braun und gelb – korrekt wäre aber schwarz, da die EVP in beiden Ländern die stimmenstärkste Fraktion ist. Und auch bei Litauen (5, eigentlich liberal) und Finnland (6, ebenso) hat man sich unglücklicherweise geirrt. Macht immerhin noch eine Trefferquote von 82 Prozent.

Da muss nicht nur Angela Merkel schmunzeln.

*Die zitierten Ergebnisse kann man auf der offiziellen Seite des Europäischen Parlaments nachlesen. Faktentreue Karten lassen sich hier oder hier begutachten.

In der Printausgabe vom 19. April hat die Tageszeitung Österreich Richter gespielt und einen Verdächtigen an den Pranger gestellt. Das Blatt glaubte bereits zu wissen, wer die Gift-Briefe an US-Präsident Obama und einen Senator geschickt hatte. Nur wenige Tage später stellte sich jedoch heraus, dass der Mann unschuldig ist.

Mit Schlagzeilen wie „Elvis wollte Obama töten“ verurteilte das Blatt einen Elvis-Imitator als Gift-Brief-Attentäter. „Österreich“ veröffentlichte auch online Screenshots und Fotos aus dem Facebook Profil des Verdächtigen. In der Printausgabe auf auf Seite 3 hieß es etwa:

Er war Elvis-Imitator und Obama-Hasser(…) Er verschickte drei Briefe mit Rizin-Gift (…) Der irre Täter ist ein Elvis-Imitator

Die erhoffte Sensationsmeldung blieb jedoch aus. Wie einige Tage später nämlich bekannt wurde, ließen die Ermittler alle Vorwürfe gegen den Verdächtigen fallen und der Mann kam frei. „Die letzte Woche war ein Alptraum“, sagte er laut Medienberichten nach seiner Freilassung.

Auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass der Mann hierzulande sein Recht für die erlittenen Kränkung gelten machen wird, so dreht sich der wahre King wegen dieses Fauxpas mit Sicherheit mindestens drei Mal im Grab um.

Vielen Dank an Philipp Schmidt für den Hinweis auf Twitter

Fahren Sie mit der U3 Richtung Volkstheater und steigen Sie beim Rathaus aus.

…so lotst die slowakische Boulevardzeitung Nový Cas (Neue Zeit) ihre Leser zu den Wiener Christkindlmärkten. Laut der Zeitung sollte man am Südbahnhof aussteigen und weiter mit der U-Bahn fahren.

Bevor „informierte“ Slowaken feststellen, dass es auf dem Südbahnhof keine U-Bahn gibt und dass die U3 nicht zum Rathaus fährt, staunen sie wahrscheinlich noch in Bratislava über die teuren Fahrkarten. Laut Nový Cas kostet eine Zugfahrt von Bratislava nach Wien €6. Doch der wahre Preis ist mehr als doppelt so hoch: Eine Karte von Bratislava nach Wien kostet  €12,70.

Solltet ihr also desorientierte Slowaken durch Wien wandeln sehen, wundert euch nicht.  Wahrscheinlich entdecken sie gerade die Fehler des slowakischen Boulevards.

Ein Kommentar im angesehenen Wall Street Journal lässt kein gutes Haar an den Steuerplänen Präsident Obamas, der die Besteuerung von Einkommen über $250.000 deutlich anheben will. Da sei nicht genug zu holen, die Mittelklasse würde über die meisten besteuerbaren Einkommen verfügen – That’s where the big money is – man solle doch gleich eine Massensteuer wie die Umsatzsteuer einführen oder eben weniger ausgeben.

Als Beweis, dass bei den Einkommen jenseits der $200.000 nichts zu holen sei, wird ein Diagramm gezeigt (unten links). Kevin Drum von Mother Jones fragte sich allerdings, wie dieses aussieht, wenn man die Superverdiener nicht auf sieben verschiedene Balken verteilt und zeichnete die Grafik neu (rechts):

Wie kurios diese Darstellung des Journal ist, sieht man an der Zahl der Menschen, die hinter dem letzten Balken stehen: Es sind nur 0,009% der US-Bevölkerung – während die ersten beiden Balken bis $5.000 10% der Bevölkerung ausmachen.

Glaube keinem Diagramm, das du nicht selbst gezeichnet hast.

Sonntag, später Abend (Ortszeit): US-Präsident Barack Obama verkündet live im TV den Tod von Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden. Blöd nur, dass diese beiden Namen leicht zu verwechseln sind:

Fox und ihre „Breaking News“ (Video):

Spiegel.de lässt den US-Präsidenten auf See bestatten:

Auch auf ElPais.com starb Obama Bin Laden:

Steffen Seibert, offizieller Regierungssprecher von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel twitterte deren offizielles Statement:

…doch er korrigierte selbst kurz darauf:

Futurezone.at reagierte bald auf ihren Obama/Osama-Fehler, jedoch war er noch auf Google News zu finden:

Doch nicht nur die ähnlichen Namen der beiden bereiteten vielen Medien kleine Probleme, auch ein Bild des toten Bin Laden machte schnell die Runde. Dass es sich hierbei um eine Fotomontage handelt, zeigt Larry Brown von „Larry Brown Sports“.

Danke an Armin Rogl, @Dyrnberg, und allen weiteren Twitterern für die Hinweise!

DerStandard.at sowie BildBlog.de haben sich übrigens ebenfalls der Osama/Obama-Fehler angenommen.

Nicht nur, dass die „Österreich“-Redaktion Westen und Osten nicht unterscheiden kann – im gleichen Artikel fällt sie auch noch einem Internet-Schwindel zum Opfer. Die Grafik, die erklären soll, welche Auswirkung die Atomwolke für die USA und Kanada haben könnte, ist eine Fälschung aus dem Internet.

Zum Verwechseln ähnlich - oben: gefälschte Grafik, unten: Grafik in "Österreich"

OBEN: Die gefälschte Web-Grafik zeigt, wie eine extrem hohe radioaktive Strahlung  innerhalb von 10 Tagen bis an die Westküste der USA gelangt. Im linken unteren Eck der Landkarte sieht man das (gefälschte) Logo der „Australian Radiation Services“ abgebildet.

UNTEN: „Atomwolke gefährdet Tokio und Kalifornien“ betitelt „Österreich“ ihre Grafik, die in der Printausgabe vom 14. März ohne jegliche Angabe der Quelle abgedruckt und auf Oe24.at laut dem Hinweis „© tz österreich“ aus eigener Feder stammen soll. Die Ausbreitung der japanischen Atom-Wolke sieht allerdings jener der abstrusen Web-Fälschung zum Verwechseln ähnlich.

Wenig Stunden nachdem die Hoax-Grafik ihren Weg ins Internet fand, konnte man folgendes Statement auf der offiziellen Seite der Australian Radiation Services finden, in dem sich die Organisation von den gefälschten Informationen im Internet distanziert:

Australian Radiation Services is aware of information about radioactive contamination being spread from the Japanese nuclear reactor incident released under the ARS logo and name.  We wish to be clear that this information has not originated from ARS and as such distance ourselves from any such misinformation.

Andrew Schneider, Senior Public Health Correspondent von AOLnews, nimmt in einem Artikel direkten Bezug auf die gefäschte Grafik aus dem Web:

These numbers, which would kill or sicken quickly, have absolutely no basis in fact at all. And, according to a radiation expert at the Federal Emergency Management Agency, they are more typical of the levels that might occur after a nuclear attack.

„RAD“ ist übrigens die seit Ende 1985 nicht mehr verwendete Einheit der absorbierten Strahlendosis.

Die australische TV-Station „Nine News“ fiel ebenfalls auf die Fälschung herein, wie die Aufdeckerwebsite Crikey berichtet:

Danke für Hinweise an Jon, nacaseven und hm

Man könnte sich den Gedankengang des Verfassers beim Schreiben dieses Artikels wie folgt vorstellen:

Demo in Sarajevo… Wo liegt Sarajevo? Klingt irgendwie slawisch… Irgendwas am Balkan… In Kroatien war ich letzten Sommer im Urlaub… In der kroatischen Hauptstadt Sarajewo…

Die Hauptstadt von Kroatien ist Zagreb; Sarajevo ist die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina.

Axel Maireder ist Sozialwissenschafter am Publizistikinstitut der Universität Wien. Der folgende Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog.

Der gestrige Fernsehabend war eine doppelte Enttäuschung. Zum einen erdreistete sich der ägyptische Diktator – das ägyptische Volk ignorierend – seinen schon angekündigten Rücktritt abzusagen (bzw. hinter lächerlichem Geplänkel so zu verstecken, dass er nicht gewertet werden konnte). Zum anderen kam die Berichterstattung des ORF zu den Ereignissen einem journalistischen Fiasko gleich: Nicht nur, dass es dem ORF nicht gelang für die schon seit Stunden angekündigte Rede Mubaraks einen ordentlichen Arabisch-Dolmetscher zu finden, der die ohne Zweifel historische Rede Mubaraks ohne Gestammel würdig zu übersetzen weiß. Nicht nur, dass sich die Moderatorin und ihr Gast bemüßigt fühlten eben diese Rede auch noch ständig zu kommentieren.

Nein, dem ORF gelang es sogar die Ansprache genau in jenem Moment abzubrechen, in dem der Präsident zum Schlußpunkt ansetzte und stattdessen eine Werbepause (!) einzulegen. Während die fehlende Kompetenz des Dolmetschers und die laufende Kommentierung als hochgradig unprofessionell zu bewerten sind, ist letzteres unanständig und insbesondere einem öffentlich-rechtlichem Sender zutiefst unwürdig.

Abgerundet wurde dieses traurige Bild des ORF noch von den KollegInnen bei orf.at, denen schlicht das journalistische Gespür zu fehlen schien, die Lage in Ägypten im Rahmen einer Überschrift korrekt zu bewerten. Während von CNN bis Al Jazeera, von tagesschau.de bis derstandard.at, der Unmut der Demonstranten über den nicht erfolgten formalen Rücktritt des Mubaraks als zentral für die Nachricht erkannt wurde, titelte orf.at schlicht und wenig ergreifend: “Mubarak übergibt Macht an seinen Vize”. Enttäuschend.

UPDATE (12.02, 07:30): Der ORF erklärt in einer Stellungnahme, von der derstandard.at berichtet, der Werbeblock sei notwendig gewesen um das Studio umzubauen (Und das ging nicht während der laufenden Rede von Mubarak?) und der Übersetzer hätte mit der schlechten Tonqualität der Originalaufnahme von Al Jazeera gekämpft (Okay, das erklärt es zumindest).

Screenshots von 10.2, etwa 23 Uhr:

ORF.at:

Tagesschau.de

DerStandard.at:

CNN.com