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und schauen fern.

Kategorie: Kronen Zeitung

Die Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt dutzende Pressereisen organisiert und bezahlt. Über 480 Berichte in allen großen Printredaktionen sind dazu erschienen. Eine Auswertung von Kobuk zeigt, dass in nur 17,5 Prozent der Artikel transparent gemacht wird, wer diese Reise eigentlich bezahlt hat. Ein klarer Verstoß gegen den Ethikkodex des österreichischen Presserates.

Pressereisen sind so eine Sache. Bei vielen Journalist:innen sind sie beliebt – man kommt zur Abwechslung mal raus aus dem Büro und kann sich niederschwellig ein eigenes Bild von einem Ort oder einem Event machen. Wenn Politiker:innen die Reise bezahlen, dann bekommen Journalist:innen außerdem oft wertvolle Gelegenheiten, sich mit ihnen und ihren engsten Mitarbeiter:innen besser bekannt zu machen. Kontakte, die im kleinen Österreich Gold wert sein können.

Politiker:innen finanzieren solche Reisen freilich nicht ohne Hintergedanken. Sie wollen von der Berichterstattung in irgendeiner Weise profitieren. Dafür haben sie auch viele Hebel in der Hand: Sie organisieren die Reise und damit auch den Ablauf – und haben so einen großen Einfluss darauf, wer, wann, was zu sehen bekommt. Es wäre illusorisch zu glauben, dass Journalist:innen auf solchen Reisen völlig frei berichten können. Dennoch stehen die Reisen quasi an der Tagesordnung – von Hanoi bis München.

Berichte im Rahmen von Pressereisen

Zwei zum Preis von einem? Trotz Inflation und Kritik an den Lebensmittelpreisen ist die Berichterstattung im Jahr 2023 über Spar, Billa, Hofer und Co in allen großen Boulevardzeitungen auffällig positiv. Supermärkte sind gleichzeitig die größten privaten Inseratenkunden von Zeitungen.

Eine kurze Einordnung vorab: Eine DOSSIER-Recherche von 2020 zeigte, dass Inserate von Supermärkten fast ein Viertel des privatwirtschaftlichen Werbeaufkommens in Printmedien ausmachen. Sie sind eine der wenigen Branchen, die noch auf Inserate setzt. Es ist also nicht übertrieben wenn man sagt, dass Printzeitungen ohne den Werbegeldern von Supermärkten kaum überleben könnten. Umso mehr stellt sich die Frage, wie Medien über diese Unternehmen berichten.

Collage von Beiträgen aus den Zeitungen Heute, Oe24 und der Kronen Zeitung über Supermärkte, die stark werblich wirken.

Der Auslöser für unsere Recherche war eine Vielzahl von Artikel von Heute, Oe24 und der Kronen Zeitung mit stark werblichem Charakter. In scheinbar redaktionellen Artikeln werden Produkte angepriesen (Hofer senkt die Preise: Welche Produkte jetzt günstiger werden“  von Oe24.at) und über die neuesten Rabatte informiert (Rabatt-Wahnsinn geht weiter – Ansturm auf Diskonter“ von Heute). Obwohl diese Texte nicht als Werbung gekennzeichnet sind, wirken sie alle so, als wären sie direkt von der PR-Abteilung der jeweiligen Supermärkte übernommen worden.

Wir wollten wissen, ob das System hat und haben alle Berichte von 1. Jänner 2023 bis 12. Dezember 2023 in Heute, Oe24 und Krone untersucht, in denen Billa, Spar, Lidl, Hofer oder Penny namentlich erwähnt wurden. In insgesamt 278 Artikeln wurden die Lebensmittelketten 479 Mal genannt. Es gibt also auch viele Beiträge, die über mehrere Supermärkte berichten.

Vorweg: Alle Zeitungen haben eine äußerst positive Schlagseite. Gesamthaft betrachtet sieht das so aus:

E-Mail-Verläufe zeigen, dass Unternehmer und Investor Michael Tojner bei Eva und Christoph Dichand Einfluss auf die Berichterstattung der Kronen Zeitung und von Heute nehmen wollte. Sie zeigen auch, dass er auf diese Versuche oft positive Rückmeldungen der Dichands bekam. Das ist durchaus relevant, denn: Haben die Dichands dem Unternehmer Tojner positive Berichterstattung gegen Inserate beschert, ist das ein gutes Indiz, dass sie es auch für Sebastian Kurz getan haben könnten, wie die Staatsanwaltschaft derzeit untersucht.

Der Standard, die Dunkelkammer und die ZIB2 haben ausführlich über die E-Mail-Verläufe zwischen Tojner und Dichands berichtet. Kurz darauf veröffentlichte Eva Dichand an drei aufeinander folgenden Tagen bemerkenswerte Kolumnen. Sie dementiert darin nicht nur alle Vorwürfe, sondern geht in die Offensive: Dem Standard wirft sie etwa „tendenziöse Berichterstattung – getragen von ideologischen Kämpfern“ vor, die Berichterstattung im ORF sieht sie als „Retourkutsche“ für kritische Berichte gegen die Haushaltsabgabe in Heute.

Doch was bisher unbeantwortet geblieben ist, ist die Frage, ob nach den E-Mails auch tatsächlich Berichte im Sinne von Tojner in den Dichand-Medien gedruckt wurden. Blieb es also alleine bei E-Mails, wie Dichand sagt, oder steckt mehr dahinter? Kobuk hat sich das angesehen.

Spoiler: Die Krone tanzte zeitweise ganz nach Tojners Pfeife, bei der Heute hielt die Brandmauer zwischen Geschäftsführung und Redaktion im untersuchten Fall deutlich besser.

Es läuft nicht besonders gut für René Benko. Mehrere Firmen aus dem Signa-Imperium des Immobilieninvestors rutschen in den vergangenen Monaten in die Insolvenz. Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste. Benko ist nicht irgendein Unternehmer, er ist auch Miteigentümer von zwei großen österreichischen Zeitungen. Ende 2018 kaufte er für kolportierte 80 Millionen Euro 49 Prozent der WAZ Ausland Holding GmbH. Diese hält jeweils die Hälfte der Anteile an der Kronen Zeitung und dem Kurier. Wir wollten daher wissen, wie die beiden Zeitungen über die Probleme ihres Miteigentümers berichten.

Um das herauszufinden, hat Kobuk Texte des Kuriers und der Krone über die Signa-Krise analysiert und sie mit der Berichterstattung in der Presse und dem Standard verglichen. In Summe waren es 824 Online- und 771 Printbeiträge, die analysiert wurden.

Aufmacherbild: Die Headlines über Benko

Das Ergebnis verblüfft: Die Berichterstattung des Kurier wirkt so, als würde man mit angezogener Handbremse fahren – viele Themen kommen spät, gar nicht oder sind kurz angebunden.

Mit der Schlagzeile, der wichtigsten Geschichte des Tages, präsentiert sich eine Printtageszeitung nach außen. Kobuk hat 15 Wochen lang die ersten Seiten der sieben wichtigsten Tageszeitungen in Österreich analysiert. Rund 65% der Titelgeschichten stammten aus männlicher Feder.

Früher, vor Hauszustellungen und E-Paper-Downloads, war der Zeitungsverkauf ein lautes Geschäft. Zeitungsverkäufer, im angloamerikanischen Raum auch Newsboys genannt, priesen die Blätter an, indem sie die wichtigste Geschichte durch die Straßen riefen. Die wichtigste Geschichte, das war meistens jene in dicken Lettern auf der Titelseite. Mittlerweile werden Tageszeitungen zwar nicht mehr auf der Straße beworben – dennoch dient die Front Page einer Zeitung bis heute als Aushängeschild. Und bis heute werden die Titelgeschichten in Österreich zum Großteil von Männern geschrieben.

Tatü, Tata – die Dichand-Studie ist da. Montagabend veröffentlichten „Profil“ und „Kurier“ Texte zu einer Studie, die die Dichands in der Inseratenaffäre rund um Thomas Schmid entlasten soll. Wir haben sie gelesen, damit ihr nicht müsst. Unser Fazit: Das Studiendesign wurde so gewählt, um eine Entlastung heraus lesen zu können, wenn man das möchte. Für eine echte Entlastung ist die Studie zu dünn.

Freundliche Berichterstattung über Kurz in der Krone im Wahlkampf 2017

Die Vorgeschichte: Die WKStA ermittelt gegen die mächtigen Verleger Christoph und Eva Dichand. Der Verdacht steht im Raum, Sebastian Kurz habe im Gegenzug für Inserate und ein freundlicheres Stiftungsgesetz positive Berichterstattung im Boulevard bekommen.

Wir haben mit unseren Recherchen bereits gezeigt, dass der Vorwurf nicht ganz aus der Luft gegriffen scheint. So haben wir in den Wochen vor dem Nationalratswahlkampf 2017 eine deutliche Pro-Kurz-Schlagseite in der „Krone“ festgestellt – „Heute“ hat hingegen ausgeglichener berichtet. Und auch in Oe24 von Wolfgang Fellner haben wir im Wahlkampf 2019 eine klare Schlagseite zugunsten der ÖVP gefunden.

Die WKStA ermittelt gegen die mächtigen Verleger Christoph und Eva Dichand. Der Verdacht steht im Raum, Sebastian Kurz habe im Gegenzug für Inserate und ein freundlicheres Stiftungsgesetz positive Berichterstattung bekommen. Unsere Analyse von über 1.100 Artikeln in „Krone“ und „Heute“ aus dem Wahlkampf 2017 zeigt: Vor allem die Kronen Zeitung hat überaus freundlich über Kurz berichtet. Bei „Heute“ fiel diese Tendenz weniger deutlich aus.

Freundliche Berichterstattung über Kurz in der Krone im Wahlkampf 2017

Ein schwarz gekleideter Polizist blickt streng in Richtung Hafen, neben ihm tanzen bunte Micky-Maus-Luftballons in der Luft“, berichten die Salzburger Nachrichten im Mai 2016 aus dem Gazastreifen. Die Kronen Zeitung veröffentlicht im Februar 2020 eine „Spurensuche“ nach einem moldawischen Oligarchen: „Durchs Zentrum von Chisinău knattert ein rostiger Traktor. Auf einem Fahrrad kämpft eine Dame mit Kopftuch und Schürze gegen die Kälte.“

Berichterstattung aus der Ferne ist beliebt, bei Journalistinnen und Journalisten ebenso wie bei ihrem Publikum. Doch Auslandsreportagen sind aufwändig und teuer – die Reise, die Unterkunft, die Übersetzung, die Kontakte vor Ort. Wer finanziert das eigentlich? Die  Recherche von Kobuk zeigt: Häufig sind es nicht die Medien selbst.

Wir wollten für diesen Artikel eine simple Frage beantworten: Welches Medium bekommt in Österreich wie viel öffentliches Geld? Die Frage ist jedoch gar nicht so einfach zu beantworten. Denn Medienförderungen sind ein einziger, unübersichtlicher Dschungel, was die Frage nach Transparenz und Vergabepraxis aufwirft.

Wenn Medien über öffentliche Gelder und Förderungen für Medien berichten, dann oft so, dass man mit dem Finger auf andere zeigt. Die anderen bekommen viel mehr, und überhaupt viel zu viel, so der Tenor. Christian Nusser, Chefredakteur von „Heute“, umschrieb diese Mentalität einmal als „gutes Geld, das man selbst hat, und das schlechte Geld, das andere (noch?) besitzen.“ Daher folgt hier ein Versuch ganz nüchtern aufzuzeigen, wie es wirklich ist.

Heute-Chefredakteur Christian Nusser sieht seine Zeitung zu unrecht an den Pranger gestellt. Auch andere Medien haben in den vergangenen Jahren ungewöhnlich viel Inseraten-Geld vom Finanzministerium bekommen. Hat er damit Recht? Die Kurzfassung: Er hat jedenfalls nicht völlig unrecht.

Inserate aus der öffentlichen Hand sind in Österreich so eine Sache. Die Regierung kann über die Ministerien praktisch unbegrenzt viel Steuergeld an Medien überweisen. Es gibt keine Gesetze, die etwa den Rahmen, den Zweck,  oder eine verpflichtende Evaluierung über die Wirksamkeit solcher Werbeausgaben festlegen. Und sagen wir mal so: Nicht nur wir bei Kobuk hatten in den letzten Jahren immer wieder die Vermutung, dass mit diesen Geldern wohlwollende Berichterstattung gekauft wird; oder umgekehrt: Dass PolitikerInnen niedergeschrieben werden, wenn sie zu wenig bezahlen.

Seit vergangener Woche steht die Zeitung „Heute“ und ihre Herausgeberin Eva Dichand im Fokus dieses Verdachts. Der Falter hat die Causa hier und hier sehr lesenswert zusammen gefasst. Wir erinnern uns: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen Thomas Schmid und Wolfgang Fellners OE24, weil dort über das „Beinschab-Tool“ mutmaßlich gefälschte Umfragen publiziert wurden. Als „Belohnung“, so der Verdacht, öffnete das Finanzministerium den Geldhahn und ließ Inseratengelder in die Kassen der Fellners fließen. Soweit, so bekannt.

Der Falter schreibt nun über den neuen Vorwurf der Staatsanwälte: „Damit der Deal, den die Türkisen mit Fellners Österreich-Gruppe mutmaßlich geschlossen haben, um Kurz mit frisierten Umfragen zu pushen, nicht auffliegt, wurden auch die Blätter der Dichands fett bedient.“

Diese Grafik aus dem Standard illustriert den Vorwurf sehr gut: