Kobuk.at hat drei Monate lang alle Meinungselemente der Tageszeitungen „Die Presse“, „Der Standard“, „Kronen Zeitung“ und „Kleine Zeitung“ analysiert. 68 Prozent aller Kommentare, Glossen und Kolumnen wurden dabei von Männern geschrieben; sieht man sich nur die Leitartikel an, ist das Missverhältnis noch deutlicher: Frauen haben weniger als ein Fünftel dieser Texte verfasst.
Kritische Kommentare, satirische Glossen, humorvolle Rezensionen: Persönliche Meinung kommt in österreichischen Tageszeitungen nicht zu kurz. Meinungsartikel beeinflussen, worüber eine Gesellschaft spricht, was überhaupt als Nachricht wahrgenommen wird oder welche Themen auf Twitter besonders polarisieren – und ziemlich oft stammen sie in Österreich von Männern.
Kobuk.at hat zwischen 1. Oktober und 31. Dezember 2022 alle Print-Ausgaben von „Die Presse“, „Der Standard“, „Kronen Zeitung“ und „Kleine Zeitung“ auf diverse Meinungsartikel hin untersucht. Insgesamt wurden in allen vier Tageszeitungen 2.741 Leitartikel, Kommentare, Glossen oder Kolumnen abgedruckt. 1.869 davon waren von Männern – also etwa 2 von 3 Texten, gerade einmal 872 von Frauen. Männer waren damit Verfasser von 68 Prozent aller Meinungselemente.
Einen starken Männer-Überhang gab es dabei nicht nur in den Boulevard- und Mid-Market-Blättern („Kronen Zeitung“ und „Kleine Zeitung“), sondern auch in den Qualitätsmedien „Die Presse“ und „Der Standard“.
So bat die bürgerlich-konservative Tageszeitung „Die Presse“ im dreimonatigen Beobachtungszeitraum Männer 494 Mal (72 Prozent der Meinungsartikel) um ihre Meinung zu aktuellen Themen, Frauen hingegen nur 190 Mal (28 Prozent). „Der Standard“ verfügt zwar seit über 20 Jahren über ein eigenes Ressort für Frauenpolitik mit eigener Website (dieStandard.at), aber auch dort waren 63 Prozent der Meinungsartikeln von Männern – 37 Prozent von Frauen. Das ist zwar besser als in der „Kronen Zeitung“, aber nicht viel besser – hier waren 72 Prozent der Texte von Männer, 28 Prozent von Frauen.
Wo sind die Frauen?
Bemerkenswert ist aber nicht nur, wie selten Frauen Meinungsartikel schreiben, sondern auch worüber. So zeigt die Kobuk-Analyse, dass Frauen überwiegend über sogenannte klassische Frauenthemen schreiben: Familie, Gesundheit, Liebe oder Kunst und Kultur. Insbesondere am Wochenende – und vorwiegend in den Sonntagsausgaben in Form von Glossen, Kolumnen oder Rezensionen.
Selbst wenn Frauen politische Kommentare schreiben, dann waren es häufig Frauenthemen: Proteste im Iran, Gewalt gegen Frauen, oder Gleichberechtigung der Geschlechter, Kinderbetreuung, Gesundheitspolitik oder Equal Pay Day. Die große Mehrheit der Hard-News-Themen wie politische und wirtschaftliche Kommentare war klar männerdominiert, siehe Grafik. Überspitzt gesagt: An vielen Tagen kommentieren in österreichischen Zeitungen Männer auf den vorderen Seiten über die Regierung, Steuerreform und Korruption, und auf den hinteren Seiten Frauen über Beziehungen und wie schwierig es ist einen Kindergarten-Platz zu bekommen.
Leitartikel, das wohl wichtigste Aushängeschild eines Printmediums (gibt es bei den ausgewählten Medien nur in „Die Presse“ und „Kleine Zeitung“, Anm.), wurden Frauen nur in 33 Fällen überlassen. Männer durften sich für den prominenten ‚Platz gegenseitig 137 Mal das Wort reichen (80 Prozent).
Stichwort traditionell männlich/weiblich konnotierte Themen: In den Sportressorts, wo Frauen nach wie vor eine Branchenminderheit darstellen, war das Ungleichgewicht erwartungsgemäß besonders stark ausgeprägt: Weibliche Stimmen zu Sportereignissen gab es in allen Medien nur 15 Mal. Zum Vergleich: Männer schrieben 97 Mal über Wettbewerb, Sport und Spiel.
Woher kommt die Diskrepanz?
In Österreichs Redaktionen arbeiten laut dem Österreichischen Journalismusreport heute etwa gleich viele Frauen wie Männer. In den Führungsetagen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert: In allen vier Medien sitzen Männer in den Sesseln der Chefredakteure – und Kommentare werden nun mal häufiger von leitenden Redakteur:innen verfasst.
Aber nicht nur. Neben den Meinungsartikeln der Journalist:innen, gibt es in allen vier Zeitungen auch Kolumnen und Kommentare von Gastautor:innen. Wenn eine Zeitung also wirklich möchte, könnte sie das redaktionsinterne Geschlechterungleichgewicht damit aufheben und auf 50 Prozent Frauenquote kommen. Doch auch hier zeigt die Analyse klar: Weitaus mehr hausfremde Experten als Expertinnen bekommen eine mediale Plattform.
Kommentar der anderen (Männer)
In der „Kronen Zeitung“ etwa wurden externe Autoren 91 Mal (63 Prozent) abgedruckt, externe Autorinnen nur zu 54 Anlässen (37 Prozent). In dieser Kategorie ist der linksliberale Standard sogar deutlich schlechter als die Krone: 137 Gastkommentatoren (81 Prozent) standen dort 33 Gastkommentatorinnen (19 Prozent) gegenüber. Wenn also im Standard auf der Meinungsseite „Kommentar der anderen“ Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen über aktuelle Geschehnisse schreiben, waren das somit in aller Regel Männer.
Tage zu finden, in denen Frauen öfter zu Wort kamen als Männer, wurde zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen. In drei Monaten kam das nur in 50 der insgesamt 346 Ausgaben vor. Demgegenüber gab es 38 Ausgaben aller vier Medien, in denen kein einziger Kommentar von einer Frau abgedruckt. Allein 25 Tage davon sind der „Kronen Zeitung“ zuzurechnen, einmal gleich an drei aufeinanderfolgenden Tagen, an denen jeder einzelne Meinungsartikel von Männern verfasst wurde.
Ein verfrühtes Geschenkt bereitete die „Kleine Zeitung“ in der letzten Adventwoche: Zum ersten (und letzten Mal) in drei Monaten kam am 21. Dezember vor, dass in einer Ausgabe kein einziges Mal ein Meinungsartikel von einem Mann veröffentlicht wurde. Alle Kommentare, Glossen und Kolumnen haben Frauen verfasst, auch den Leitartikel (über den Equal Pay Day). Ein Weihnachtswunder – jedenfalls in Österreich.
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Dieser Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.
Länger, breiter, höher – falscher? DerStandard.at hat recht unverschämt eine PR-Aussendung abgeschrieben, die noch dazu voller Fehler ist. Die Zeitung, die eigentlich für hohe Qualität stehen möchte, will ihren Leser:innen in einem Artikel die Superlative der Straßen näher bringen. Von zehn Beispielen sind allerdings drei falsch.
Die angeblich höchste Straße
Laut Standard soll der Karakorum-Highway in China die höchste Straße der Erde sein. Mit 4.693 Höhenmetern ist sie aber nicht mal die höchste Straße in der eigenen Nachbarschaft: diese Ehre gehört der Semo La in Tibet mit 5.565 Höhenmetern. Die höchste Straße der Welt ist laut dem Guinessbuch der Rekorde der Umling La Pass in Indien mit 5.798 Höhenmetern.
Die angeblich meisten Fahrstreifen
Bei der Straße mit den meisten Fahrstreifen stimmt die Angabe nicht mal mit dem eigenen Bild überein. Im Standard-Artikel ist von 14 Spuren die Rede, im Bild von der Avenida 9 de Julio in Buenos Aires sind eindeutig 16 Fahrspuren zu sehen.
Aber auch davon abgesehen, ist die Angabe falsch. Der Ontario Highway 401 in Kanada hat 18 Fahrspuren (oder 22 wenn man die An- und Abfahrtspuren dazurechnet). Die Interstate 10 in den USA hat 18 Spuren plus 8 zusätzliche Ab-, An-, und Parallelspuren, die meistens nicht dazugezählt werden. Außerhalb Beijings gibt es eine Mautstelle mit insgesamt 50 Spuren, also mehr als das Dreifache jener Straße, die der Standard angibt.
Die angeblich längste Straße
Der Standard berichtet – wie auch viele anderen Medien – dass die Panamericana zwischen Alaska, im Norden und Ushuaia in Argentinien im Süden mit rund 30.000 km die längste Straße der Welt ist. Im Artikel fehlt aber ein sehr wichtiger Hinweis: die Straße wird ungefähr in der Mitte unterbrochen. Im Text wird das Gegenteil behauptet:
Der so genannte Darien Gap stellt eine 106 Kilometer-lange Unterbrechung der Panamericana dar und gehört zu den gefährlichsten Routen der Welt. Aufgrund der bedrohlichen Geographie gibt es aktuell keine Pläne, die Strecke jemals zu verbinden.
Aufpassen bei Copy-Paste
Wie kam es zu diesen fehlerhaften Informationen? Ein Hinweis am Ende des Artikels könnte die Antwort anbieten:
Der Originalbeitrag von Sunny Cars ist hier zu lesen. Abgesehen vom Vorspann, unterscheiden sich die zwei Artikeln um nur 512 Zeichen. Die markanteste Änderung ist: In der Aussendung von Sunny Cars wird Straße mit ss geschrieben – also Strassentunnel, Strassennetz usw. Davon abgesehen gibt es ein paar unbedeutende Kürzungen und kosmetische Änderungen. Von einer echten „redaktionellen Bearbeitung“ kann also keine Rede sein.
Dieser Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.
Der „Kurier“ illustrierte am 9. April ein großes Sebastian Kurz-Portrait mit einem Bild, das aussieht wie der feuchte Traum eines Partei-Werbefotografen. Junge, sympathische Menschen, die sich um ihren Anführer scharen und mit ihm lachen und klatschen.
Kein Wunder, stammt es auch von der JVP. Ein Einzelfall? Keineswegs.
Denn sowohl Außenminister als auch Kanzler beschäftigen Hausfotografen, deren Fotos immer öfter in der heimischen Presse zu sehen sind. So gut wie jede Tageszeitung verwendet diese von den PR-Teams der Politiker sorgfältig ausgewählten Bilder, die subtile Heldengeschichten transportieren und die für uns Zeitungsleser in der Regel nicht als PR-Bilder erkennbar sind.
Keine Redaktion käme auf die Idee, die PR-Texte von Politikern als Artikel abzudrucken, noch dazu ohne das Publikum über deren Urheberschaft aufzuklären. Kriterien, die bei PR-Bildern nicht zu gelten scheinen. Petra Bernhardt, die an der Uni Wien zu visueller Kommunikation forscht, dazu:
Hausfotografen müssen eine Situation nicht akkurat wiedergeben, sondern können einen Moment herausgreifen, der den Politiker in ein besseres Licht rückt. Das Anliegen von Medien sollte allerdings nicht sein, die imagepolitischen Deutungsangebote eines Politikers fortzuschreiben.
Wir haben die Zeitungsarchive der letzten Monate durchforstet und erschreckend viele Beispiele gefunden, wie österreichische Tageszeitungen die visuellen Heldenerzählungen von Kurz und Kern transportieren. Ein Drama in fünf Akten:
1. Sympathische Helden
Wie wertvoll es für Politiker ist, in der Kronen Zeitung mit süßen Tieren abgebildet zu werden, wissen wir nicht erst seit Karl-Heinz Grassers Vorliebe für Hundefotos ebendort. Die „plötzliche“ Begrüßung des süßen Streuners hat nicht etwa ein Fotograf der Krone dokumentiert, es war der Hausfotograf des Außenministers, Dragan Tatic.
Kern besucht einen Kindergarten – zu welchem politischen Zweck, bleibt verborgen. Für den Kanzler ein lohnender Termin: Der Standard macht aus dem Foto eine eigene Geschichte und verbreitet die visuelle Heldenerzählung von Kerns Hausfotograf Andy Wenzel, die Geschichte eines sympathischen und kinderlieben Helden. Als journalistischer Anlass genügt das baldige Weihnachtsfest.
Die Wiener Zeitung illustriert die Leserbriefseite mit einem herzerwärmenden Bild des Außenministers aus der Kamera von dessen Hausfotograf. Die Leserbriefe handeln allerdings weder von Äthiopien noch von österreichischer Entwicklungszusammenarbeit, sondern von der Kurz’schen Flüchtlingspolitik. Das freundliche PR-Bild wiegt hundert kritische Leserbriefe auf.
Die Presse am Sonntag bebildert des Kanzlers 100-Tage-Bilanz mit einem Bild, das ihn im eng-vertrauten Umgang mit Europas mächtigster Politikerin zeigt. Sieht aus wie Fotojournalismus, ist aber das Bild, das Kerns PR-Team zeichnen möchte.
Der Kanzler in „Wir schaffen das“-Pose vor der begeisterten EU-Spitze, klatschend. (Tiroler Tageszeitung)
2. Bilder, die zu Geschichten werden
Falls das Presseteam des Kanzlers zu dessen Start das Bild des Spielmachers vermitteln wollte, mit diesem Foto ist das gelungen. Das Bild färbte sogar auf die Wahl der Headline der ersten Zwischenbilanz des Standard ab.
Die Tiroler Tageszeitung gibt quasi schon im Titel zu, dass dieses Bild von Kurz auf „Tuchfühlung“ mit Ban Ki-Moon der Geschichte ihren speziellen Spin gibt. Auch dieses Bild stammt aus der Produktion und nicht zuletzt sorgsamen Vorauswahl von Kurz‘ Presse-Team.
Kurz, der eine EU-weit besonders harte Haltung gegenüber der Türkei einnahm, gefällt sich auch in der Bildauswahl in dieser Rolle: Aug in Aug mit dem Despoten vom Bosporus, augenscheinlich nicht bereit, zurückzuweichen. Die Wiener Zeitung überbringt die Bildbotschaft des Außenministers gerne.
3. Kurz und Kern als Anzugmodels
Ein besonders dreistes Genre an PR-Fotos sind jene, die ihre Protagonisten ohne erkennbaren Anlass einfach nur in Pose präsentieren. Petra Bernhardt zu diesem Foto im Kurier:
Das Foto wirkt wie eine flüchtige Aufnahme und suggeriert, dass der Minister auch abseits politischer Meetings ständig im Einsatz ist. Die Untersicht wäre für ein Nachrichtenfoto eigentlich tabu. Es handelt sich um ein Füllbild, das keine inhaltliche Funktion für den Text erfüllt.
Ähnlich bei diesem Bild des Kanzlers, in Verwendung der Oberösterreichischen Nachrichten. Dieses Bild wurde gar über die Nachrichtenagentur APA bezogen, die die Gratis-PR-Bilder an alle Medien verteilt, genau wie eigene fotojournalistische Arbeiten.
Der Top-Gun-Außenminister (es fehlt nur die Ray Ban-Brille), wieder in leichter Untersicht und mit Turboprop im Hintergrund. Ein Klischee wie aus einer 90er-Jahre-Werbekampagne, verbreitet von der Presseagentur APA und in journalistischer Verwendung in der Presse.
Die Wiener Zeitung illustriert eine Analyse seitenfüllend mit einem coolen Kurz-Posing vor dem Facebook-Firmenschild. Der vollkommen fehlende Konnex zwischen Sujet und Artikelinhalt wird mit einer Bildunterschrift an den Haaren herbeigezogen.
Ein Kanzler wie ein Wall Street-Manager, stilecht mit Empire State Building im Hintergrund. Das gefällige Bild erschien im Standard.
4. Bilder, die ein Macher-Image transportieren
Der Kanzler geht forschen Schrittes voran und hält dabei Augenkontakt mit dem Leser. Die Körperhaltung des ungarischen Regierungschefs, der Kern nachfolgt, ist in dieser Bildauswahl deutlich weniger dynamisch. Die Salzburger Nachrichten wählten das Bild als Aufmacher des Tages.
Der Außenminister besuchte nicht nur Frontsoldaten in der Ost-Ukraine, er wies ihnen dabei noch den Weg. Diese beachtliche Ortskenntnis schaffte es aufs Cover des Standard.
Den Weg zeigt Kurz auch EU-Kommissar Mimica, in der Tiroler Tageszeitung.
Und nicht zuletzt zeigt der Außenminister auch dem Papst, wo’s lang geht. Das sehenswerte Bild verschafft dem „kurzen Treffen“ einen sehr prominenten Artikel im Kurier.
5. Alle Welt lauscht Sebastian Kurz
Der iranische Präsident lauscht Sebastian Kurz. (Wiener Zeitung)
Der niederösterreichische Landeshauptmann lauscht Sebastian Kurz. (Der Standard)
Der libyische Außenminister lauscht Sebastian Kurz. (DerStandard.at)
Vitali Klitschko lauscht Sebastian Kurz. (News.at)
Der russische Außenminister lauscht Sebastian Kurz. (Die Presse. Auch Der Standard illustrierte den Artikel zu diesem Treffen mit einem weiteren Foto aus der Kurz-PR-Werkstatt: Auch auf diesem lauschte Lawrow Kurz aufmerksam.)
Der chinesische Außenminister lauscht Sebastian Kurz. (Der Standard)
Der amerikanische Außenminister lauscht Sebastian Kurz. (Die Presse)
Der britische Außenminister lauscht Sebastian Kurz. (DerStandard.at)
Der UNO-Generalsekretär lauscht Sebastian Kurz. (News.at)
Und auch der Papst lauscht Sebastian Kurz. (Kronen Zeitung)
Epilog
Die meisten dieser Bilder sind auf Auslandsreisen entstanden. Die Medienkrise macht es sicher für viele Redaktionen schwieriger, neben Redakteuren auch Fotojournalisten auf diese Reisen zu entsenden.
Das kann jedoch keine Entschuldigung dafür sein, unreflektiert und unkommentiert PR-Material von Politikern zu verbreiten. Zudem fast alle Tageszeitungen Kunden (und Eigentümer) der Austria Presse Agentur sind, über die sie solche Reisen durchaus von einen gemeinsamen Fotojournalisten begleiten lassen könnten.
Update:
In einer früheren Version dieses Artikels stand „Wladimir Klitschko“. Es handelt sich jedoch um Vitali Klitschko.
Schon seit Jahren zirkulieren Theorien über die Identität des Gründers der digitalen Währung Bitcoin. Am 2. Mai behauptete die BBC, ihn gefunden zu haben. Ein Australier namens Craig Steven Wright habe sich ihnen, dem GQ und The Economist als der lange anonyme Erfinder offenbart. Schon früh gab es ernste Gründe anzunehmen, dass der Australier ein Hochstapler ist – oder zumindest zu zweifeln. Viele Medien glaubten die Geschichte trotzdem. In Österreich besonders prominent: Der Standard.
Wohlgemerkt hat der Standard zumindest in einem dieser Artikel leise Zweifel geäußert. Im Portrait des Kopf des Tages steht: „Vorsicht ist angebracht, hat sich doch schon manche Enthüllung über den Herrn des Internetgelds als peinlicher Flop erwiesen.“ Liest man aber beide Artikel durch, wird klar, dass das Blatt in Summe der BBC zu sehr vertraute.
Die BBC selbst titelte zunächst: „Craig Wright revealed as Bitcoin creator Satoshi Nakamoto“ und schreibt von „technical proof to back up his claim“. Jedoch wurde der angebliche Beweis – Wright entschlüsselte eine Nachricht mit einer Signatur des anonymen Erfinders – wenige Stunden nach der Publikation von Usern der Bitcoin-Community als haltlos bezeichnet. Wright hatte lediglich eine frühere, öffentlich zugängliche Signatur wieder verwendet.
Die BBC änderte daraufhin zwar ihre Überschrift in „Australian Craig Wright claims to be Bitcoin creator“, sah sich aber nicht veranlasst, sonstige Hinweise darauf zu geben, dass sie womöglich falsche Informationen verbreitet hatten. Ein Tweet der „BBC Breaking News“ mit einem Video von Wright als Erfinder ist noch immer öffentlich.
Australian Craig Wright identifies himself as #Bitcoin creator, ending years of speculation https://t.co/j0oyKzVVgk https://t.co/e6pRRIpCCy
— BBC Breaking News (@BBCBreaking) 2. Mai 2016
Der Standard ist aber bei weitem nicht das einzige Medium, das die BBC-Meldung ohne kritische Gegenrecherche übernahm. Online berichtete beispielsweise auch der Kurier: „Craig Steven Wright ist der Erfinder der Bitcoins.“ Aber auch ein armenischer Radiosender und der SRF brachten diese Nachricht. Nicht einmal das PC Magazin äußerte Zweifel über den Wahrheitsgehalt ihrer Nachricht – und diese Liste könnte man zweifellos noch fortsetzen. Selbst auf Wikipedia war in der Nacht von 2. auf 3. Mai zu lesen, die Identität des Internetgigantens sei endlich geklärt. Mittlerweile wird Wright wieder nur als einer von mehreren möglichen Erfindern angeführt.
Andere Medien waren da vorsichtiger und nahmen die „Enthüllung“ als Anlass für eine kritische Recherche. Die Zeit etwa schreibt über die Zweifel, die auf Reddit laut wurden, die Financial Times hinterfragt recht deutlich, ob es sich tatsächlich um Satoshi Nakamoto handelt. Und Die Tagesschau lässt zumindest in ihrer Überschrift „‚Satoshi Nakamoto‘ ist offenbar Australier“ Luft für Zweifel.
Craig Wright ist übrigens nicht der erste, der irrtümlich für „Mr. Bitcoin“ gehalten wird. Schon 2014 wurde beispielsweise der Amerikaner Dorian Satoshi Nakamoto nach einer Newsweek-Reportage für den echten Erfinder gehalten.
Der „Standard“ illustrierte in der Ausgabe vom am 3. Mai eine Reportage von einem Besuch des neuen Integrationsstaatssekretärs Kurz bei einem Migrantenverein mit einem Bild, welches die Ablehnung eines Kindes ihm gegenüber zeigt und auch somit eine negative Stimmung zu seinen Migrantenbesuchen vermittelt.
Ein auf Facebook gepostetes Foto des ÖVP-Fotografen* Jakob Glaser (kleines Bild) wirft die Frage auf, ob es sich bei der Bildauswahl nicht vielmehr um gezielte Meinungsmache handelt:
Wie ÖVP-Mitarbeiter Gerhard Loub in seinem Blog dokumentiert, hat auch der „Falter“ – allerdings als das tradionell eher glossenhafte „Bild der Woche“ – seine politische Ausrichtung darüber Herr werden lassen, jene Aufnahme zu veröffentlichen, in der sich das Kind von Kurz abwendet und man gezielt den Eindruck bekommt, wie unerwünscht sein Besuch sogar bei Kleinkindern sei.
Die Kommentare unter seinem Blogartikel sind lesenswert: Zwei Fotografen behandeln die Thematik, wie parteiisch ein Bild ausgewählt werden darf und welche Rolle die bildlichen Inszenierungen der Politik spielen dürfen. Standard-Fotograf Heribert Corn habe sein Bild mit „Ich bin unparteiisch, weil ich lasse wenn’s geht alle schlecht aussehen“ kommentiert.
Danke an auch an Lisa Oberndorfer, Jürg Christandl und Jakob Glaser.
* Laut seinem Xing-Profil.
Update: Der Projektleiter des besuchten Integrationsprojekts berichtet in den Kommentaren von Kurz‘ Besuch:
Das Bild ist übrigens nicht inszeniert. Das Kind hat Spaß daran gefunden, am Tisch liegende, bunte Kunststoffplättchen auf den Boden zu werfen, Sebastian Kurz ist (..) aufgestanden und hat sie ihm aufgehoben. Dabei ist dieses Foto entstanden. (..) Der kleine Mohammed hat das Spiel “ich werf’s runter, der Onkel hebt’s auf” -altersentsprechend- öfter wiederholt (und Kurz hat mitgespielt).
In einem Artikel von DerStandard.at werden 14 Österreicher als „mutmaßliche Täter“ bezeichnet, weil sie sich im Internet über ihre sexuellen Vorlieben für Buben ausgetauscht haben. Ein Strafbestand besteht nicht, weil es in Österreich nicht verboten ist, derartige Themen zu diskutieren. Weder gab es Hinweise auf Konsum einschlägiger Filme/Fotos oder Bilderaustausch noch auf strafbare Handlungen an Kindern. Laut Standard würde es sich hier um eine „Gesetzeslücke“ handeln.
Auch der Kurier springt mit seiner Story „Laxes Gesetz schützt Pädophile“ auf den gleichen Zug auf, bezeichnet die 14 Österreicher als „Verdächtige“.
Wenn man emotional besetzte Themen wie Kinderpornographie behandelt, begibt man sich üblicherweise auf einen schmalen Grat zwischen Verharmlosung und Überreaktion. Ob die österreichischen Gesetze zum Schutz von Kindern nun ausreichend sind oder nicht, ist eine andere Frage. Fakt ist jedoch eines: Menschen als „Verdächtige“ oder „mutmaßliche Täter“ zu bezeichnen, von denen im Sinne des StGBs keine strafbaren Handlungen bekannt sind, kann journalistischen Standards wohl kaum entsprechen.
(Dank an Christian S. und K. für die Hinweise.)
Auch im neuen Jahr haben sich schon einige kleine Kobuks angesammelt:

Standard vom 30. 12. 2010
- Der „Standard“ vom 30. 12. zählt 900 Mio. Flughäfen in den USA und gleich mehrere Milliarden in Asien.
- In der Online-Ausgabe von „Heute“ findet die Sonnenfinsternis vom Dienstag dem 04.01. einen Tag früher statt, während man in der Printausgabe einen Tag zu spät ist. Das Wirtschaftsblatt vom 21. 12. verrechnet sich gleich um fast ein Jahrzehnt bei der Datierung des Öldesasters der Exxon Valdez, und die OÖN von heute verlegen „Terminator III“ drei Jahrzehnte in die Vergangenheit.
- „Österreich“ sieht eine Verdoppelung der Kirchenaustritte bei einem Plus von 47%. Der Fehler wurde inzwischen behoben.
- Der Kommandeur der „USS Enterprise“, Owen Honors, wurde aufgrund beleidigender Videos entlassen. Doch warum schafft es kaum ein Online–Medium, auf das (ohnehin zensurierte) Youtube-Video zu verlinken oder es einzubetten, damit man sich eine eigene Meinung bilden kann? Wir holen das nach:
Danke an Gerhard Peischl, Flo Pötscher, Claudia N. und Jakob Pfeiffer für die Hinweise!
Auf den Medienseiten des morgigen Standard erscheint ein Einspalter über die von Kobuk aufgedeckte Täter-Opfer-Umkehr der Kronen Zeitung im Jodler-Fall. Soweit, so erfreulich. Weniger erfreulich ist, wie wir dabei zitiert werden:
Nicht nur einmal, wie die Kronen Zeitung schrieb, sondern ein Jahr täglich habe ein Pensionist beim Rasenmähen gejodelt und so das Gebet seiner muslimischen Nachbarn gestört, erfuhr der Medienblog kobuk.at bei Gericht.
Das ist falsch. Nicht täglich, sondern freitags, und auch weniger als ein Jahr lang dürften die Störungen stattgefunden haben. Zum Vergleich: Die Krone schreibt „an einem Freitagnachmittag“, der Standard schreibt „täglich“. Beides ist falsch.
Auch mag auffallen, dass sich so ein Rasen schwerlich in jeder Jahreszeit mähen lässt. Weswegen unser Bericht auch erwähnt, dass der Mann sich durchaus auch andere kreative Störmethoden ausgedacht haben dürfte, was aber auch nicht Eingang in den Artikel gefunden hat. Was bleibt ist – wie bei der Krone übrigens – Rasen mähen und Jodeln. Fast scheint es, als übertreibe der Standard die Taten des Renters so, wie die Krone diese untertreibt.
Update 23:09: Zumindest in der Version auf DerStandard.at wurde „täglich“ inzwischen auf „jeden Freitag“ geändert. Besser, aber immer noch nicht ganz richtig. Wir schrieben mit gutem Grund „regelmäßig an Freitagen“.
Update 2. Dezember: Der Print-Standard dürfte sowohl mit als auch, in einer späteren Mutation, ohne das „täglich“ erschienen sein. Das „Jeden Freitag“ wurde inzwischen in der Onlineversion auf „An Freitagen“ geändert.
Irlands Finanzkrise beherrscht die Schlagzeilen in ganz Europa, immer öfter ist jedoch auch von der sogenannten Pferdekrise die Rede. Wie Standard, SN, Kleine Zeitung, Presse, OÖN oder auch die Süddeutsche berichten, droht bis zu „20.000 herrenlosen Pferden“ in diesem Winter ein qualvoller Hungertod, da sich ihre Besitzer die Haltung – als direkte Folge der Wirtschaftskrise – nicht mehr leisten könnten. Die meisten beziehen sich dabei auf einen Artikel von Spiegel Online, dem zufolge sogar „mehr als 20.000 Pferde auf der Kriseninsel umherirren“ sollen.

Die herzzerreißende Story hat allerdings gleich mehrere Haken: Weder sind Stray Horses ein neues Phänomen – der „Independent“ berichtete z.B. schon 2005 davon, also lang vor der Finanzkrise, noch konnten wir die Zahl von 20.000 Pferden irgendwo in irischen Medien finden.
Im April 2009, als die Zahl vermutlich erstmals auftaucht, und zwar auf BBC News, wird ein Tierschützer noch mit „20.000 Pferden, die niemand will“ zitiert, von streunenden ist noch nicht die Rede. Im Juni wird sie in einem Interview der Deutschen Welle zur „Zahl, die möglicherweise stimmen könnte“ (was auch immer das heißen mag) und im Oktober sind es im Guardian dann „möglicherweise besitzerlose Pferde“. Spiegel Online schreibt von Schätzungen irischer Tierschützer zu herumstreunenden Pferden, was u.a. in der Kleinen Zeitung zur Tatsache wird: „Wie Spiegel Online berichtet, irren (..) etwa 20.000 Pferde herrenlos umher.“ Stille Post par excellence.
Eines haben alle Berichte gemein: Die Quelle ist immer die – spendenfinanzierte – Dubliner Tierschutzorganisation DSPCA, meist in Form ihres Sprechers, Jimmy Cahill. Deren Mutterorganisation ISPCA auf unsere Frage nach einer verlässlichen Quelle:
There are no definitive numbers on horses abandoned in Ireland, our Inspectors have brought in 13 horses in 2007, 16 in 2008, 23 in 2009 and 41 so far this year.
Nicht nur irische Medien und Websites irischer Behörden schweigen sich zu dieser Pferdekrise erschreckenden Ausmaßes aus, auch die Tierschützer selbst wollen sie also nicht explizit bestätigen.
Offenbar wollte man der doch abstrakten Finanzkrise ein konkretes Gesicht geben. Schade, dass dies nicht mit einer Geschichte geschehen ist, deren Fakten stimmen. Oder, um es in den Worten eines in Irland lebenden Spiegel.de-Users zu sagen:
Mit der Wirtschaftskrise hat das nichts zu tun und wenn hier 20 000 herrenlose Pferde rumlaufen würden, wäre das sicherlich schon jemandem aufgefallen…so einen Unsinn habe ich wirklich lange nicht mehr gelesen!
Das krisengeschüttelte Irland und Haustiere, dieser verlockenden Kombination konnten offenbar auch Qualitätsjournalisten nicht widerstehen, trotz mangelhafter Quellenlage.
Update: Spiegel Online entschärfte den Artikel nach unserer Veröffentlichung und fügte diesen Absatz hinzu:
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels stand die Zwischenzeile „Mehr als 20.000 Pferde sollen auf der Kriseninsel umherirren“. Dies ist falsch. Tatsächlich geht es um 20.000 Pferde, die nach einer Schätzung der Tierschutzorganisation DSPCA nicht mehr benötigt werden, weil viele Betriebe mit bis zu 200 Pferden seit dem Crash auf dem irischen Pferdemarkt kein Geld mehr einbrächten.
Die neusten kleinen Pannen des Mediengeschehens:
- Die Presse am Sonntag verwechselt in einer Infografik das Horn von Afrika mit der arabischen Halbinsel.
- Oe24.at hat grammatikalische Schwierigkeiten bei der Berichterstattung über Mara Carfagnax und Silvio Berlusconi, der diese „zur erst zur Moderatorin und später zur Ministerin“ machte.
- Kurier.at dafür hat technische: ‚Freche Diebestour mit Polizeiformular‚ heißt der Artikel. Worum es geht, ist schwer zu sagen.
- Für das Pandababy in Schönbrunn wurde per online-Abstimmung ein Name gefunden. Drei Namen standen zur Auswahl. Darüber, wie man sie schreibt, war sich Oe24.at nicht sicher:
DerStandard.at berichtet korrekt von den 29 Verschütteten in einem Bergwerk in Neuseeland. In der Printversion sind es nur bis zu 27 Kumpel.
- Doppel hält besser, dürfte man sich beim ORF Steiermark gedacht haben.