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Griechenlands Krise ist ein Gewinn für den Boulevard

In Zeiten der Krise haben Boulevardblätter aller Herren Länder Hochkonjunktur. Denn da kann man selbst mit Wirtschaftsthemen Emotionen beim Leser schüren. Die deutsche BILD-Zeitung zeigt par excellence wie das geht. Der BILDblog hat aufgezeigt, wie die Regeln des Aufhetzens funktionieren. Der österreichische Boulevard ist da nur etwas zurückhaltender: Auf Oe24.at zeigt uns die Venus von Milo auf einer Grafik vom 29. April doch glatt den Stinkefinger. Die Überschrift des dazugehörigen Artikels lautet:

Wo die griechische Regierung Geld verschwendet

All die Verschwendung wird schonungslos aufgedeckt: Von Pensionen für Töchter, über Boni alleine für das Pünktlichkommen, bis hin zu unnötigen Gremien. Aber das Schlimmste ist wohl:

Die Staatsbediensteten genießen nicht nur Kündigungsschutz, sondern können auch schon vor Erreichen des 50. Lebensjahres in den Ruhestand gehen und eine Pension beziehen.

So sicher ist sich dann „Österreich“ beim Pensionsantrittsalter aber doch nicht. In einem anderen Artikel heißt es:

Anhebung des Pensionsalters um 14 Jahre – von 53 auf 67 Jahre.

Und in einem anderen:

Damit ein Arbeitnehmer die volle Rente erhalten kann, muss er 40 Jahre lang gearbeitet haben und mindestens 60 Jahre alt sein. Bisher galt die Faustregel: 37 Jahre Arbeit und mindestens 58 Jahre alt.

Über das angeblich skandalös niedrige Pensionsantrittsalter der Griechen hat schon Michalis Pantelouris ausführlich in seinem Blog berichtet:

Tatsache ist: Griechische Beamte haben nach 35 Jahren Dienst einen Anspruch auf eine Pension, die sie vom Erreichen des Rentenalters an (bisher 60, ab jetzt 63*) ausgezahlt bekommen. Es kann also kein griechischer Beamter mit 50 oder noch früher in den Ruhestand gehen. Falls er allerdings mit 14 oder 15 Jahren angefangen hat, zu arbeiten (was es damals tatsächlich nicht so selten gab), dann könnte er mit 50 kündigen, zehn Jahre etwas anderes arbeiten oder von Luft und Liebe leben und dann mit 60 in den Ruhestand gehen.

Bild: Venus de Milo ohne Stinkefinker von BrotherMagneto, Creative Commons

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