Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Oe24.at glaubt deutschen Aprilscherz und macht TV-Beitrag daraus

Aprilscherze sind nicht mehr das große Ding, das sie früher mal waren. Ein eigener Tag, nur um seine Mitmenschen mit kreativen Falschmeldungen in die Irre zu führen – irgendwann in den letzten Jahren hat das seinen außergewöhnlichen Reiz verloren.

peta.de, 01.04.2022

Die Tierrechtsorganisation PETA hat es in Deutschland dennoch versucht und am 1. 4. einen scheinbar sensationellen Erfolg vermeldet: Bereits mit April werde die deutsche Bundesregierung Schockwarnungen auf Fleisch, Milch & Co. einführen, ähnlich wie bei Zigaretten. „Ein Burger enthält Leichenteile von bis zu 60 geschundenen und ermordeten Rindern“, liest man da auf einer der neuen Produktverpackungen, deren Fotos (© A. Scherz) der Pressemitteilung praktischerweise beigefügt wurden.

Leider ergänzen die Spielverderber ihre Aussendung noch am selben Nachmittag um den fettgedruckten Zusatz „Achtung, Aprilscherz“. Damit auch sicher niemand mehr drauf reinfällt, schon gar nicht von einem seriösen Medium.

Was uns zu Oe24 führt …

Und tatsächlich, am 10. April geht „Das beste Nachrichten-Portal“ (Eigendarstellung) in die schon etwas angestaubte Falle und sendet den Fake als TV-Nachricht im „aktuellsten Tierschutzmagazin Österreichs“ (Eigendarstellung). Dabei schafft Oe24 das Kunststück, die Scherzmeldung der Tierrechtsorganisation auf knackige 3:18 Minuten zu straffen. Hier eine gekürzte Fassung des TV-Beitrags:

Der Originalbeitrag ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch auf oe24 abrufbar (ab Minute 4:32)

Und weil Verbrauchertäuschung Oe24 ein echtes Anliegen ist, schafft es der Aprilscherz auch noch unerkannt in die Schlagzeilen des besten Nachrichten-Portals:

„Weg von Verbrauchertäuschung – Deutsche Regierung druckt Warnhinweise auf Fleisch, Milch und Eier“ (oe24.at, 11.04.2022)

Der Oe24-Artikel (hier ein Archivlink) erscheint einen Tag nach der großen TV-Ausstrahlung und zwei Tage, nachdem eine kurze Vorschau mit der Falschmeldung den Sender rauf- und runtergespielt worden war (der Clip ist noch auf der Oe24-Facebookseite abrufbar). Wenn man der zurückhaltenden Eigenwerbung von Oe24 glaubt, müssen hunderttausende Menschen bis dahin die Fake-Story gesehen haben – mindestens – und kein einziger scheint die Redaktion darauf hingewiesen zu haben.

Erst einen Tag nach dem Onlineartikel dürfte sich jemand erbarmt haben. Seither steht dort eine korrigierte Version, in der Oe24 zerknirscht einräumt, einem recht offensichtlichen Aprilscherz aufgesessen zu sein. Und auch die TV-Version wurde nachträglich um eine Texttafel ergänzt (hier ab Minute 4:32), in der sich die Redaktion dafür entschuldigt, die Geschichte nur auf Basis einer Pressemeldung, ohne jede Recherche veröffentlicht zu ha…

Ha! Sorry, ich wollt jetzt auch mal einen Scherz machen. Natürlich hat Oe24 den Artikel – so wie praktisch immer – ohne jeden Hinweis auf den Fehler von der Seite gelöscht. Wie man das halt so macht, als bestes „Nachrichten-Portal“.

_____________________
Update 15.04.2022:
 Oe24 hat nach Erscheinen dieses Kobuks das gesamte Sendungsvideo kommentarlos von der Webseite gelöscht.

Der ORF als Abspielstation für Parteipropaganda (mit "Best-of"-Video)
When in Doubt, Show Haut: Die sexistischen Bilder von OE24