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Exxpress will Täuschung der „Mainstream-Medien“ aufgedeckt haben und täuscht sich dabei selbst

Der Exxpress glaubt einmal mehr eine Verschwörung aufgedeckt zu haben. Bei der Berichterstattung über die Amokfahrt am Kölner Flughafen am 24. März haben die meisten Medien nämlich nur erwähnt, dass der Täter mutmaßlich psychisch krank sei, nicht jedoch, in welchem Land er auf die Welt gekommen ist. Der Vorwurf einer gezielten Täuschung fällt allerdings aus verschiedenen Gründen in sich zusammen.

Der Exxpress beklagte, dass Leser:innen der „Mainstream-Medien“ bewusst getäuscht werden:

Diese Vorgangsweise in vielen Medienhäusern ist irritierend: Die Leser sollen nicht mehr erfahren, wenn ein Migrant ein Schwerverbrechen verübt hat, sie sollen nicht mehr die ganze Wahrheit kennen.

Dabei ist die Nicht-Erwähnung der Herkunft keine Täuschung, sondern ein Kriterium journalistischer Sorgfalt. Denn der deutsche Presserat – und die meisten Medien, die über den Vorfall berichteten, sind aus Deutschland – appelliert daran, vorsichtig mit dieser Information umzugehen: „Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse.“

Ein solches begründetes öffentliches Interesse gibt es beispielsweise, wenn man erst durch die Biografie des Täters die Hintergründe zur Straftat besser versteht. Neugier ist hingegen kein legitimer Grund.

Ebenso wenig reicht es aus, wenn man einfach nur vermutet, die Tat habe etwas mit der Nationalität zu tun. Im genannten Fall gab es keine Anhaltspunkte, dass die Herkunft relevant sei. Einer Redaktion gegenüber nannte die örtliche Polizei zwar, woher der Mann stammt, zur Erklärung der Tat bezog sie sich aber stets auf die psychische Erkrankung des Mannes. Und hier zeigt sich, wie ernst es Medien mit der redaktionellen Verantwortung nehmen.

Durch die „Erwähnung der Herkunft in der Überschrift oder Wiederholungen“ werde die „Gruppenzugehörigkeit unangemessen herausgestellt“, was Diskriminierung begünstige, so der deutsche Presserat. In Österreich ist der Presserat übrigens weniger konkret. Im Ehrenkodex gibt es keine genauen Richtlinien, unter welchen Umständen die Herkunft zu nennen ist.

Der Großteil der Berichterstattung hat aber in Deutschland stattgefunden, und dort gilt eben der deutsche Pressekodex. Der Exxpress scheint hier also etwas zu vermissen, dass in seriösen Medien schlichtweg nichts verloren hat.

Und dann gibt es da noch zwei Kuriositäten: Als Beleg für die Verschwörung der “Mainstream-Medien” zitiert der Exxpress zum einen einen Artikel, in dem der Täter „sogar als ‚Bielefelder'“ bezeichnet wird. Abgesehen davon, dass der Mann tatsächlich Bielefelder ist, wurde in ebenjenem Artikel die Herkunft sogar genannt. Allerdings ohne diese besonders hervorzuheben.

Und außerdem: Auch der Exxpress hat einen Text über die Amokfahrt veröffentlicht, in dem die Herkunft des Täters unerwähnt bleibt. Wenn nur der Exxpress wüsste, was der Exxpress schreibt…

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1 Kommentar(e)

nömix - Am 03. April 2023 um 17:11

Ja, das „Aufdeckungsmedium“ Exxpress täuscht sich beim Aufdecken gern dabei selbst:
https://noemix.wordpress.com/2023/01/23/exxpressionistisches-4