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OE24: Ein Artikel, wie aus einer Parteizentrale

Wer nach der Veröffentlichung diverser Korruptionsaffären wirklich geglaubt hat, regierungsfreundliche Berichterstattung gibt es nicht mehr, müssen wir an dieser Stelle leider enttäuschen. Jüngst liest sich etwa ein OE24-Artikel über die neue ÖVP-Kampagne so, als würden sie direkt aus der Parteizentrale kommen.

Vorwahlkampf liegt in der Luft. Da ist es nur natürlich, dass alle Medien über diverse Partei-Initiativen berichten. Auch OE24. Während es zu den aktuellen Kampagnen von SPÖ und Grüne kritische Berichte gibt, fehlt beim Artikel über die ÖVP jegliche journalistische Distanz. Vielmehr liest sich der OE24-Beitrag wie ein Aufmacher auf der Partei-Homepage.

Getreu der Kernaussagen der Kampagne wird Karl Nehammer als „arbeitender“ Kanzler abgebildet, dem die „streitende“ Opposition entgegensteht. In der Print-Version liest man immerhin 3 Sätze darüber, dass die ÖVP die Kampagne als „Positionierung“ sehen möchte, viele Politik-Beobachter:Innen jedoch einen Vorwahlkampf darin sehen.

Online fehlt auch diese Einordnung. Hier besteht der gesamte Text aus bloßen Kurzfassungen der Kampagne – ohne Kontext oder Kritik. Bebildert wird der OE24-Artikel von den entsprechenden ÖVP-Sujets – alle im Vollbild -, mit der nicht minder wertenden Bildunterschrift „Stabilität statt Streit in Kanzler-Kampagne“.

OE24-Berichterstattung der ÖVP-Kampagne

Dass das auch anders geht, zeigen diese österreichischen Medien: Kurier, vienna.at, orf.at, Wiener Zeitung sowie der Standard berichten ebenfalls über die ÖVP-Kampagne, allerdings kommen beispielsweise auch Reaktionen der Opposition vor.

Das Problem dieser „Berichterstattungen“ ist nicht, dass politische Inhalte von Parteien verbreitet werden. Vielmehr geht es darum, wie es gemacht wird. OE24 hat weder Kritik der Opposition noch eine eigene ausformulierte kritische Distanz in ihrem Artikel. Das führt einerseits dazu, dass es für die Leser:innen nicht erkennbar ist, ob es sich um einen redaktionellen Beitrag oder eine bezahlte Einschaltung handelt, andererseits können solch offensichtlich regierungsfreundliche Beiträge das allgemeine Vertrauen in den Journalismus schädigen.

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